Guten Morgen!
Heute ist Samstag, der siebte
Tag der Woche; morgen, am Sonntag, beginnt eine neue. Das zumindest ist die
jüdisch-christliche Zählweise. Sie orientiert sich an der Schöpfungserzählung
der Bibel, und die erzählt vom siebten Tag der Woche, dem Urbild des Feiertags,
folgendes:
Sprecher(in): Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es
war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag. So wurden vollendet
Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und so vollendete Gott am siebenten Tage
seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen
Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte
ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und
gemacht hatte. (Die Bibel, 1. Mose
1,31–2,3)
In der Ruhe liegt die
Vollendung, sie ist das Ziel der Schöpfung. Ein starker Gedanke! Die Frucht ist
nicht dazu geschaffen, ausgepresst zu werden, das Tier nicht, um den Wagen zu
ziehen, die Erde nicht, um gepflügt zu werden, der Mensch nicht, um an die
Arbeit zu gehen. Alles ist sehr gut, wie es geschaffen ist; und es ist da, um
zu sein. Nicht um irgendwelchen Zwecken zu dienen. Der Mensch, die Welt, sie
kommen erst in der Ruhe zu Sinn und Verstand. Gott ruht, weil Ruhe sein muss.
Sie ist heilig. Sie ist ein Segen. Darum gebietet Gott dem Menschen, es ihm
gleichzutun. Das Gebot, den Schabbat, den Ruhetag einzuhalten, ist eines seiner
höchsten Gebote.
Gott sei Dank gebietet er´s!
Denn als guter Rat funktioniert das mit der Ruhe nicht. Viel zu mächtig sind bei
den meisten von uns die inneren und äußeren Zwänge, die uns pausenlos schuften lassen.
Stark und verführerisch sind die Argumente, wir könnten es uns wirtschaftlich
nicht leisten, einen Tag pro Woche zu verschenken. Viel zu laut sind die
Stimmen, die Ruhe Faulheit nennen. Viel zu groß ist der Druck, dass die
Maschine laufen muss.
Der freie Sonntag ist das
christliche Erbe des jüdischen Schabbat. Er sei aus der Zeit gefallen, höre
ich. Und darauf kann ich nur erwidern: Genau! Dazu ist er da. Aus der Zeit
gefallen war der Feiertag schon immer, das ist sein Sinn – und genau dies soll
er um Gottes und der Menschen willen. Er soll den Sog der Zeit unterbrechen. Er
soll ein Störenfried sein.
Wohl deshalb wurde er von
Beginn an ausgehöhlt und umgangen. Schon die Propheten Israels schimpfen, dass an
Gottes Ruhetag Handel und Wandel getrieben werden. Der Feiertag aber soll Sand ins Getriebe des
Mahlwerks streuen, das sich Stunde um Stunde, Minute um Minute, Sekunde um
Sekunde dreht und aus Lebenszeit Arbeitszeit macht. In Zeiten, in denen die
Grenzen und Kontrollen von Arbeitszeit immer mehr zerfließen, erst recht.
Die Natur ist nicht zur
Ausbeutung geschaffen und der Mensch nicht zum Arbeitstier: Diese göttliche
Idee will ich nicht aufgeben.
Einen gesegneten Tag wünscht
Ihnen Annette Kurschus aus Bielefeld.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
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