Der erste Feiertag

Kirche in WDR3 | 22.10.2022 | 00:00 Uhr

Guten Morgen!

Heute ist Samstag, der siebte

Tag der Woche; morgen, am Sonntag, beginnt eine neue. Das zumindest ist die

jüdisch-christliche Zählweise. Sie orientiert sich an der Schöpfungserzählung

der Bibel, und die erzählt vom siebten Tag der Woche, dem Urbild des Feiertags,

folgendes:

Sprecher(in): Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es

war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag. So wurden vollendet

Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und so vollendete Gott am siebenten Tage

seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen

Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte

ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und

gemacht hatte. (Die Bibel, 1. Mose

1,31–2,3)

In der Ruhe liegt die

Vollendung, sie ist das Ziel der Schöpfung. Ein starker Gedanke! Die Frucht ist

nicht dazu geschaffen, ausgepresst zu werden, das Tier nicht, um den Wagen zu

ziehen, die Erde nicht, um gepflügt zu werden, der Mensch nicht, um an die

Arbeit zu gehen. Alles ist sehr gut, wie es geschaffen ist; und es ist da, um

zu sein. Nicht um irgendwelchen Zwecken zu dienen. Der Mensch, die Welt, sie

kommen erst in der Ruhe zu Sinn und Verstand. Gott ruht, weil Ruhe sein muss.

Sie ist heilig. Sie ist ein Segen. Darum gebietet Gott dem Menschen, es ihm

gleichzutun. Das Gebot, den Schabbat, den Ruhetag einzuhalten, ist eines seiner

höchsten Gebote.

Gott sei Dank gebietet er´s!

Denn als guter Rat funktioniert das mit der Ruhe nicht. Viel zu mächtig sind bei

den meisten von uns die inneren und äußeren Zwänge, die uns pausenlos schuften lassen.

Stark und verführerisch sind die Argumente, wir könnten es uns wirtschaftlich

nicht leisten, einen Tag pro Woche zu verschenken. Viel zu laut sind die

Stimmen, die Ruhe Faulheit nennen. Viel zu groß ist der Druck, dass die

Maschine laufen muss.

Der freie Sonntag ist das

christliche Erbe des jüdischen Schabbat. Er sei aus der Zeit gefallen, höre

ich. Und darauf kann ich nur erwidern: Genau! Dazu ist er da. Aus der Zeit

gefallen war der Feiertag schon immer, das ist sein Sinn – und genau dies soll

er um Gottes und der Menschen willen. Er soll den Sog der Zeit unterbrechen. Er

soll ein Störenfried sein.

Wohl deshalb wurde er von

Beginn an ausgehöhlt und umgangen. Schon die Propheten Israels schimpfen, dass an

Gottes Ruhetag Handel und Wandel getrieben werden. Der Feiertag aber soll Sand ins Getriebe des

Mahlwerks streuen, das sich Stunde um Stunde, Minute um Minute, Sekunde um

Sekunde dreht und aus Lebenszeit Arbeitszeit macht. In Zeiten, in denen die

Grenzen und Kontrollen von Arbeitszeit immer mehr zerfließen, erst recht.

Die Natur ist nicht zur

Ausbeutung geschaffen und der Mensch nicht zum Arbeitstier: Diese göttliche

Idee will ich nicht aufgeben.

Einen gesegneten Tag wünscht

Ihnen Annette Kurschus aus Bielefeld.

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

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  • 22.10.2022
  • Annette Kurschus
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