Einen wunderbaren guten Morgen.
Wir waren letztens in Österreich. Unsere drei Jungs konnten uns dieses
Mal zu Workshop und Konzerten begleiten, da gerade Herbstferien waren. Und so folgte auf die Arbeit, das Vergnügen
und ein wenig Umherwandern in den Bergen um den Traunsee. Für uns Niederrheiner
sind Berge ja äußerst beeindruckend.
Wir fühlten uns in der Natur einfach österreichbeschenkt und auch von
den Menschen mit ihrer Herzlichkeit und ihrem schelmischen Witz. Eine Sängerin
aus dem Workshop hatte uns ein typisches Gasthaus der Region empfohlen. „Geht
da mal essen. So ein Ort wie früher, es wird euch gefallen.“ Die nächsten Tage
verstrichen schnell, doch am letzten, fiel uns die Empfehlung wieder ein und
wir sagten uns, ach komm – wir wagen uns an die Spezialitäten der Bergwelt. Wir
kehren also in die gute Stube ein und fühlen uns zwischen Hirschgeweih und
Kachelofen wirklich in die gute alte Zeit zurückversetzt. Redselig und
gastfreundlich begrüßt uns der Wirt – als letzte Gäste des Tages, denn um 17.00
Uhr ist hier eigentlich Feierabend.
Jetzt sind zwei unserer Jungs Vegetarier und die Kategorie ist auf der
Speisekarte nicht wirklich vorgesehen. „Kein Problem, wir finden was!“, meint
der Wirt. Okay – wer nicht wagt, der wird auch nicht satt. Und so ist nach
wenigen Minuten der Tisch voll mit Scholle und Schnitzel, Frittatensuppe und
Eierschwammerl. Und am Ende – obwohl es schon deutlich nach fünf geworden ist, gibt’s
noch einen großen Teller mit vier Kuchensorten: Apfel, Zwetschgen, Käse,
Schoko.
Am Ende sind die Teller leer und wir glücklich – auch weil sich unsere
Jungs an ungewohnte Gerichte gewagt haben. Niemand außer dem Wirt und wir sind
noch im Gastraum. Wir danken für alles und bitten um die Rechnung. Und dann steht
er da und schmunzelt breit und freundlich und verkündet: „Eine Überraschung
habe ich noch: Es gibt keine Rechnung!“ Wir trauen unseren Ohren nicht. Keine
Rechnung? „Nein, die Dame, die Sie zu uns geschickt hat, hat mich angerufen und
gesagt: `Wenn die Familie auftaucht, dann zahle ich die Rechnung. Sie sind
eingeladen!“ – Eingeladen, ohne dass wir es ahnen konnten. „Mit der
Rechnung haben wir nicht gerechnet“, scherzt unser Mittlerer.
Am Abend erzählen wir uns noch einmal vom Essen, dem Wirtshaus, der
Überraschung: Verrückt! Da ist ein Geschenk, das auf uns gewartet hat – und
fast hätten wir’s verpasst. Der Segen war greifbar – doch wären wir nicht
aufgetaucht, hätten wir es nie gewusst.
Wir reden über Gott, den Beschenker schlechthin! Er schöpft aus dem
Vollen und bringt die Welt zum Blühen. Wie oft schaue ich gar nicht hin, weil ich
so mit mir beschäftigt bin? Ich schaue lieber auf den Dreck unter meinen Nägeln,
statt auf die Pracht vor meinen Augen. Der Moment im österreichischen
Wirtshaus ist uns eine große Erinnerung:
Mach die Rechnung nicht ohne den Wirt, nicht ohne Gott.
Sieh dein Leben mal aus seiner Sicht. Geh zu Gott, mit deinem Lob und
deinen Lasten. Vertrau dich ihm an. Erlaube Gott, dich öfter mal zu
überraschen. – Er soll das ja mögen.
Ihr
Patrick Depuhl, Alpen.
Redaktion: Landespfarrerin Petra
Schulze
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