Gott überrascht

Kirche in WDR3 | 26.01.2022 | 00:00 Uhr

Einen wunderbaren guten Morgen.

Wir waren letztens in Österreich. Unsere drei Jungs konnten uns dieses

Mal zu Workshop und Konzerten begleiten, da gerade Herbstferien waren. Und so folgte auf die Arbeit, das Vergnügen

und ein wenig Umherwandern in den Bergen um den Traunsee. Für uns Niederrheiner

sind Berge ja äußerst beeindruckend.

Wir fühlten uns in der Natur einfach österreichbeschenkt und auch von

den Menschen mit ihrer Herzlichkeit und ihrem schelmischen Witz. Eine Sängerin

aus dem Workshop hatte uns ein typisches Gasthaus der Region empfohlen. „Geht

da mal essen. So ein Ort wie früher, es wird euch gefallen.“ Die nächsten Tage

verstrichen schnell, doch am letzten, fiel uns die Empfehlung wieder ein und

wir sagten uns, ach komm – wir wagen uns an die Spezialitäten der Bergwelt. Wir

kehren also in die gute Stube ein und fühlen uns zwischen Hirschgeweih und

Kachelofen wirklich in die gute alte Zeit zurückversetzt. Redselig und

gastfreundlich begrüßt uns der Wirt – als letzte Gäste des Tages, denn um 17.00

Uhr ist hier eigentlich Feierabend.

Jetzt sind zwei unserer Jungs Vegetarier und die Kategorie ist auf der

Speisekarte nicht wirklich vorgesehen. „Kein Problem, wir finden was!“, meint

der Wirt. Okay – wer nicht wagt, der wird auch nicht satt. Und so ist nach

wenigen Minuten der Tisch voll mit Scholle und Schnitzel, Frittatensuppe und

Eierschwammerl. Und am Ende – obwohl es schon deutlich nach fünf geworden ist, gibt’s

noch einen großen Teller mit vier Kuchensorten: Apfel, Zwetschgen, Käse,

Schoko.

Am Ende sind die Teller leer und wir glücklich – auch weil sich unsere

Jungs an ungewohnte Gerichte gewagt haben. Niemand außer dem Wirt und wir sind

noch im Gastraum. Wir danken für alles und bitten um die Rechnung. Und dann steht

er da und schmunzelt breit und freundlich und verkündet: „Eine Überraschung

habe ich noch: Es gibt keine Rechnung!“ Wir trauen unseren Ohren nicht. Keine

Rechnung? „Nein, die Dame, die Sie zu uns geschickt hat, hat mich angerufen und

gesagt: `Wenn die Familie auftaucht, dann zahle ich die Rechnung. Sie sind

eingeladen!“ – Eingeladen, ohne dass wir es ahnen konnten. „Mit der

Rechnung haben wir nicht gerechnet“, scherzt unser Mittlerer.

Am Abend erzählen wir uns noch einmal vom Essen, dem Wirtshaus, der

Überraschung: Verrückt! Da ist ein Geschenk, das auf uns gewartet hat – und

fast hätten wir’s verpasst. Der Segen war greifbar – doch wären wir nicht

aufgetaucht, hätten wir es nie gewusst.

Wir reden über Gott, den Beschenker schlechthin! Er schöpft aus dem

Vollen und bringt die Welt zum Blühen. Wie oft schaue ich gar nicht hin, weil ich

so mit mir beschäftigt bin? Ich schaue lieber auf den Dreck unter meinen Nägeln,

statt auf die Pracht vor meinen Augen. Der Moment im österreichischen

Wirtshaus ist uns eine große Erinnerung:

Mach die Rechnung nicht ohne den Wirt, nicht ohne Gott.

Sieh dein Leben mal aus seiner Sicht. Geh zu Gott, mit deinem Lob und

deinen Lasten. Vertrau dich ihm an. Erlaube Gott, dich öfter mal zu

überraschen. – Er soll das ja mögen.

Ihr

Patrick Depuhl, Alpen.

Redaktion: Landespfarrerin Petra

Schulze

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  • 26.1.2022
  • Patrick Depuhl
  • © CCO Pixabay
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