Umtausch

Kirche in WDR2 | 27.12.2022 | 00:00 Uhr

„Hallo,

ich würde das hier gerne umtauschen.“ Etwas verlegen halte ich der Verkäuferin

eine Plastiktüte entgegen.

„Was

ist der Grund für den Umtausch?“ schnarrt sie.

Ich

bin geschockt. „Was geht Sie das an?“ Blaffe ich sie an.

Sie

schaut mich über ihre Brille hinweg an. „Wir führen hier eine Statistik über

die umgetauschten Artikel. Also: Grund für den Umtausch?“

Ich

überlege fieberhaft, dann sehe ich der Verkäuferin in die Augen und sage: „Das ist

das schlimmste Geschenk, das ich jemals bekommen habe.“

Sie

nimmt das Geschenk aus der Tüte und zum Vorschein kommt ein Pullover mit einer

glitzernden Darstellung von Maria, die das Jesusbaby im Arm hält.

Die

Verkäuferin schaut mich wieder über ihre Brille an. „Mögen Sie Weihnachten

nicht?“

„Oh,

doch doch, antworte ich schnell. Es ist alles okay mit Weihnachten.“

„Aber

Sie mögen Maria nicht?“ „Doch, auch Maria ist okay“.

„Dann

schaut sie mich eindringlich an, „Dann liegt es an dem Baby, nicht wahr?“

„Mögen

Sie keine Kinder?“ „Ich mag Kinder“ seufze ich.

„Aber

dann verstehe ich nicht, warum Sie den Pullover nicht behalten wollen.“

Wieder

dieser Blick über den Brillenrand, der mich beginnt, wahnsinnig zu machen.

„Na

nun schauen Sie doch hin.“ Ich zeige auf den Pullover. Das ist doch kitschig

und überhaupt: Jesus hatte keine blonden Haare und Maria sah auch nicht so

nordeuropäisch aus. Und so gestylt. Überlegen Sie mal. Die Strapazen der

Geburt, das Wochenbett und davor die lange und mühsame Reise von Nazareth nach

Bethlehem.“

„Aber

darum geht es doch gar nicht.“ Die Verkäuferin lächelt mich wissend an. „Und um

was geht es dann Ihrer Meinung nach?“ frage ich noch etwas genervt zurück.

Jetzt will ich es auch wissen.

„Gott

wird Mensch und wird von einer Frau geboren. Es ist doch vom Prinzip her

vollkommen egal, wie Jesus ausgesehen hat“, sagt die Verkäuferin. „Es geht doch

um den Glauben. Es geht doch darum, dass Gott an Weihnachten auf diese Welt

kommt.“

Ich

stutze über die weihnachtliche Botschaft an der Ladentheke und schaue mir den

Pullover nochmal an. „Naja“, sage ich, „so schlimm ist er vielleicht doch

nicht.“

Die

Verkäuferin lächelt mich über ihre Brillengläser an und sagt: „Nein, so schlimm

ist er nicht.“ Ich nehme den Pullover wieder von der Ladentheke, packe ihn

zurück in meine Tasche und gehe nach Hause. Ob ich ihn jemals tragen werde,

weiß ich nicht. Aber es ist gut zu wissen, die weihnachtliche Botschaft immer

greifbar im Kleiderschrank zu haben.

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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  • 27.12.2022
  • Laura Kadur
  • © CCO Pixabay
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