An diesem Morgen wacht er ein
bisschen zu früh auf. Sein Wecker klingelt um kurz nach sechs. Also erst in
zehn Minuten. Aber ihm ist klar: Mit Schlafen wird das nichts mehr.
Stattdessen bleibt er noch
ein bisschen liegen, genießt die Stille im Haus und denkt über das zu Ende
gehende Jahr nach. Erinnert sich an den Urlaub im Sommer, sonnig und warm, für
ihn fast schon zu warm. Aber gut erholt haben sie sich, keine Frage. Das ist
auch nötig, denn auf der Arbeit ist immer viel los und jede Menge Stress. Bloß
gut, dass jetzt endlich der eine Kollege gekündigt hat. Mit dem ist wirklich
niemand klargekommen.
Er denkt auch an seinen Sohn.
Der hat in diesem Jahr mit dem Führerschein angefangen und darf jetzt in
Begleitung Autofahren. Das läuft eigentlich ganz gut. Aber ihm wird immer noch
unwohl, wenn er daran denkt, wie der Sohn im Kreisverkehr dem anderen
Autofahrer die Vorfahrt genommen hat. Er selbst auf dem Beifahrersitz hat es in
Gedanken schon krachen gehört. Aber der andere hat eine Vollbremsung hingelegt.
Und so ist alles gut gegangen.
Eigentlich ein Grund, dankbar
zu sein, denkt er, während er noch mal nach seinem Wecker sieht. Ein paar
Minuten hat er noch bis zum Aufstehen. Aber wem soll man dankbar sein? Dem
anderen Autofahrer? Klar, das auch. Aber irgendwie fühlt es sich für ihn an,
als würde das nicht reichen. Er denkt an den Gottesdienst zum Schulabschluss
seiner Tochter. Wo die Pfarrerin genau darauf hingewiesen hat: Dass wir ganz
viel Grund haben, dankbar zu sein. Mehr, als uns oft bewusst ist. Manchmal, an
besonderen Tagen wird einem das klar. Wie bei einem Schulabschluss, wo man sich
erinnert an die zurückliegende Zeit.
Oder an einem
Silvestermorgen. Wenn man zurückblickt auf das Jahr. Und einem deutlich wird,
wieviel Gutes in diesen zwölf Monaten dringesteckt hat. Auch Gutes, für das er
selbst gar nicht so viel kann. Weil er z.B. mit anderen zusammen arbeitet. Von
der Sache mit dem Kreisverkehr gar nicht zu reden.
Ja, wenn er es sich so recht
überlegt: Das Leben ist ein Geschenk. An jedem neuen Tag. Es lohnt sich, dass
immer wieder neu zu wahrzunehmen. Dankbar zu sein für das Leben, für das Gute
darin und für die Bewahrung in kritischen Situationen. Dadurch können wir auch
zuversichtlich sein für das Neue, das kommt. Können Hoffnung haben und darauf
vertrauen, dass auch das gelingen wird, was vor uns liegt. In diesem Fall konkret:
das neue Jahr.
Redaktion: Pfarrerin Sabine Steinwender-Schnitzius
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