Guten Morgen!
In anderen Ländern und Kulturen grüßt man
sich mit dem Wunsch nach Frieden. Friede sei mit dir! Shalom! Salam! Für mich
ist es ein Gruß voller Sehnsucht – in Frieden leben können. Leider sieht diese
Welt oft so ganz anders aus. Unfriede beherrscht die Schlagzeilen.
Sprecher:in: „Die Hauptursache alles Unfriedens liegt in dem
hochgeschwollenen Selbstgefühl, mit dem wir unser Eigenes, unsere Ehre, unser
Recht, polternd um jeden Preis verteidigen, so dass uns jeder Angriff darauf
einen Kampf bis aufs Messer wert ist.“ (1)
Diese Worte sind genau 100 Jahre alt. Geschrieben hat sie Friedrich
Wilhelm Foerster. Da war er 53 (Jahre alt). Er war Philosoph, Pädagoge und
Pazifist. Er lehnte jede Form von Krieg ab und trat mit aller Kraft für den
Frieden ein. Ungebrochen aktuell wirkt das, was er schreibt, angesichts des
unfassbaren Leids: in der Ukraine und in allen Kriegsgebieten dieser Erde.
Friedrich Wilhelm Foerster prangert schon im ersten Weltkrieg die
militaristische Haltung Deutschlands an und setzt sich für einen raschen
Frieden ein. Mit dieser Haltung steht er damals ziemlich alleine da; er stößt
auf viel Unverständnis und Ablehnung. Später warnt er eindringlich vor der
Aufrüstung und dem Erstarken des Nationalsozialismus. Dieser Einsatz für den
Frieden kostet Foerster viel: Sein Ruf als Professor steht auf dem Spiel. Er
wird mehrfach mit dem Tod bedroht. 1922 flieht er in die Schweiz, nach Basel,
um sein Leben zu retten. Er kehrt nie wieder nach Deutschland zurück.
Foerster ist nicht religiös erzogen worden, wendet sich aber als junger
Mann dem christlichen Glauben zu. Sein unermüdliches Eintreten für den Frieden
in zahllosen Schriften und Büchern hat für ihn viel mit diesem Glauben zu tun.
Für Friedrich Wilhelm Foerster stellt Gott die Grenze dar, die der Mensch sich
nicht selbst setzen kann. Nur der gott-lose und daher grenzen-lose Mensch, so
Foerster, stürzt die Welt in Krieg und Verderben.
Sprecher:in: „In dieser wirklichen Welt bedeutet die sich selbst überlassene,
entfesselte Menschennatur immer Krieg, weil im Menschen kein Maß und keine
Grenze liegt. (…) Der von Gott verlassene Mensch stürzt sich ins Unbegrenzte,
die Eroberung der ganzen Welt vermag allein seinen Machtwillen zu sättigen
(…).“ (2)
Diesem grenzenlosen Menschen setzt Foerster den Maßstab der grenzenlosen
Liebe entgegen. Das sogenannte „Hohe Lied der Liebe“, das der Apostel Paulus in
seinem Brief an die Gemeinde in Korinth aufgenommen hat, war ihm dabei
besonders nahe. „Die Liebe hört niemals auf“ (3), schreibt Paulus. Dieser Liebe
begegnet er in Jesus Christus mit dem, was dieser unter den Menschen gelebt,
was er getan und gesagt hat. Und mit seinem Sterben zeigt Jesus, wie weit er zu gehen
bereit ist in dieser Liebe. Der Gewalt begegnet er mit Liebe, tritt im Gebet für die ein, die ihm
das antun.
Die Sehnsucht nach dem Shalom, nach dem Frieden, wird immer wieder so
bitter enttäuscht. Nicht die grenzenlose Liebe scheint sich durchzusetzen,
sondern das zerstörerische und grenzenlose Streben nach Macht. Menschen wie
Friedrich Wilhelm Foerster machen Mut, es dennoch immer wieder zu versuchen mit
der Liebe und dem Frieden.
Quellen:
(1) Friedrich Wilhelm Foerster, Christus und das menschliche Leben,
München 1922, S.274.
(2) Foerster, Friedrich Wilhelm. Christus und das menschliche Leben.
Recklinghausen: 3. Auflage, 1953 (1922), S. 330f. Zitiert nach Romana Schusser,
Friedenspädagogische Aspekte in Fr. W. Foersters christlicher Pädagogik
(Diplomarbeit Universität Wien 2013), S. 84.
(3) 1. Korinther 13,8 (EU).
(4) = (2) S. 358f. Zitiert nach Romana Schusser, Friedenspädagogische
Aspekte in Fr. W. Foersters christlicher Pädagogik (Diplomarbeit Universität
Wien 2013), S. 85.
Bild:https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Buchdenkmal-marktplatz-bonn-foerster.jpg
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
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