Guten Morgen!
Schon gefrühstückt? Noch
dabei? Oder gehören Sie zu jenen, die morgens mit leerem Magen den Weg zur
Arbeit antreten? Was mich betrifft: Zwei Scheiben Brot, ein wenig Marmelade,
etwas Käse, eine Tasse Kaffee, das muss es schon sein, sonst komme ich nicht in
die Gänge. Und am Wochenende – oder an schönen Feiertagen wie gestern – wird’s
auf dem Frühstückstisch üppiger, frische Brötchen und ein, zwei Eier
inbegriffen. Vermutlich sieht’s bei Ihnen ähnlich aus.
Brot, Marmelade, Honig,
Kaffee, Käse, Eier -mein ganzes Frühstücksleben lang schon stehen diese Dinge
morgens auf dem Tisch. Wie selbstverständlich. Am Anfang war’s am einfachsten: Bevor
wir losmarschierten zum Kindergarten und später in die Schule hatte meine
Mutter die erste Mahlzeit des Tages pünktlich auf den Tisch gezaubert. Später
musste man immerhin selbst einkaufen und den Kühlschrank öffnen, und irgendwann
saßen dann morgens die eigenen Kinder da und kauten, was ich auf den Teller tat.
Brot, Marmelade, Käse, Ei – all das ist immer schon da.
Ganze Laiber von Brot, pappenweise
Hühnereier, Sortimente aus Marmeladen-, Honig-, Einkochgläsern, Körbe voller Kartoffeln,
kiloweise Möhren, Äpfel, Rotkohlköpfe, Reis und Radieschen – all das war am
Sonntag in vielen Kirchen zu sehen. Meist vorne am Altar.
Erntedank. Anfang Oktober
feiern die christlichen Kirchen dieses Fest, uralt und unverändert – und so
oder ähnlich in fast jeder Religion zu finden. Die Ernte der Felder, die Mittel
zum Leben in den Blick gerückt. Guck mal hin, Mensch, all das und noch viel
mehr ist dir zum Leben gegeben. Erntedank.
Zugegeben: Ich selbst ernte nichts.
Bin Städter durch und durch, mein Leben lang. Und hätte ich einen Garten, selbst
dann, müsste ich stundenlang erst YouTube-Videos studieren, um ein paar Rüben
zu ziehen. Verlernt ist verlernt. Seit meiner Kindheit kommt alles, was ich
esse, aus dem Supermarkt. Oder mitunter vom altbewährten Wochenmarkt. Aber säen
und ernten müssen schon andere. Und Gott sei Dank – die tun das auch. Weshalb
auf meinem Tisch in all den Jahren niemals Mangel herrschte.
Gott sei Dank. Apropos: Gott
sei Dank. Darum geht’s bei Erntedank. Mich daran zu erinnern: Selbstverständlich
ist das keineswegs. Dass auf den Feldern Weizen, Roggen, Hafer, Gerste reifen, im
Boden Möhren und Kartoffeln wachsen und an den Bäumen Äpfel, Pflaumen, Birnen: NICHTS
davon ist selbstverständlich. Wer das nach diesem Sommer und der Dürre nicht
begriffen hat, dem ist wohl nicht zu helfen. Gott sei Dank – für die Mittel zum
Leben und für die Menschen, die ihr Können, ihre Kraft, ihre Zeit dem Säen und
Ernten noch widmen. Gottes Kolleginnen und Kollegen sind das. Sein guter Wille für
die Schöpfung und den Menschen, sein Segen, geht durch ihre Hände. Das kann man
schon mal feiern. Jedes Jahr zu Erntedank.
Ihr Ulf Schlüter, Bielefeld.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/59349_WDR3520221004Schlueter.mp3