Beim Namen genannt

Kirche in 1Live | 06.10.2022 | 00:00 Uhr

Ich bin bei der Post und muss

meinen Namen nennen. „Kielbassa“ sage ich und will gerade mit dem Buchstabieren

beginnen, als ein Mädchen mich antippt und fragt: „Bist du Polin?"

„Nein" antworte ich knapp, weil ich ahne, wohin das Gespräch führt. Ich

dreh mich schnell wieder um. Doch die Lady lässt mich nicht entkommen: „Weißt

du, was Kielbassa heißt?“ fragt sie „Ja" antworte ich wieder knapp und

verderbe ihr damit offensichtlich den Spaß.

Denn Kielbassa heißt Wurst

auf polnisch und sobald das klar ist, sorgt mein Nachname immer wieder für

Lacher. Klar, ich kann das nachvollziehen, aber ich kann mittlerweile auch die

Situationen nicht mehr zählen in denen ich dadurch ungewollt zur Witzfigur

geworden bin: In der Schule, auf der Arbeit oder mitten auf einer Party. Jedes

Mal war ich einfach nur genervt und fand die Situation gar nicht witzig.

Und es sind die Situationen,

in denen ich erahne, wie es Menschen gehen muss, die aufgrund ihrer Hautfarbe

diskriminiert werden – und zwar richtig krass: Die nicht nur zur Witzfigur des

Abends werden, sondern auch keine Wohnung oder einen Job bekommen, weil sie

buchstäblich nicht aus ihrer Haut können.

Um das Problem beim Namen zu

nennen: Rassismus gibt’s immer noch: In unseren Köpfen, in unseren

Institutionen und in unserer Gesellschaft. Wir Menschen schaffen diese

Strukturen. Deswegen muss auch die Veränderung bei mir anfangen. Ich muss mich

mit Rassismus auseinandersetzen, meine Privilegien hinterfragen und lernen wie

ich, als weiße Frau mit dem komischen Nachnamen eine Verbündete sein kann

Sprecherin: Lisa Kielbassa

Redaktion: Daniel

Schneider

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  • 6.10.2022
  • Lisa Kielbassa
  • © Gemma Chua-Tran on Unsplash
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