OK?

Kirche in WDR2 | 02.05.2023 | 00:00 Uhr

Ich weiß nicht woher. Aber

Google weiß, wie viel ich wiege. Nämlich zu viel. Und Google will, dass ich

abnehme. Egal, wonach ich suche, ganz oben stehen jetzt immer Links zu Seiten

wie: Die 20 besten Abnehmtipps. Diät und Ernährung. Mehr Sport im Alter. Danke

schön. Und wenn ich draufklicke, erklären mir Fitnessstudio-geformte

Mittzwanziger, dass ich mich, so wie ich aussehe, in der Öffentlichkeit nicht

mehr sehen lassen kann. Da muss dringend was gemacht werden. Das Dauerfeuer hat

Erfolg: Ich habe mich zwar immer noch nicht im Fitnessstudio angemeldet. Und

ich esse nicht weniger. Aber ich fühle mich jetzt schlecht deswegen. Und auch

das weiß Google. Neulich haben sie mir eine Seite angezeigt, da hat mir ein

Mann erklärt: Heutzutage setzt man auf body positivity. Dh.: Ich bin zwar dick,

und das ist eigentlich nicht akzeptabel, aber ich muss das annehmen und darf

mich deswegen auf keinen Fall schlecht fühlen. Na toll: Jetzt fühle ich mich

schlecht wegen meiner Kilos. Und habe dazu noch ein schlechtes Gewissen, weil

ich mich schlecht fühle. Jetzt haben sie mich. So geht das nicht weiter. Ich

muss dringend mal über meine Prioritäten nachdenken. Die Frage „Bin ich ok, so

wie ich bin?“, ist ganz offensichtlich keine, die man Google überlassen sollte.

Und auch nicht Instagram, Tiktok, irgendwelchen Hochglanz-Zeitschriften. Oder

Heidi Klum. Ich überlege kurz: In der Bibel habe ich mal etwas Anderes gelesen.

Da geht es viel um die Frage, ob ein Mensch ok ist, wie er ist. Ganz am Anfang,

als Gott den Menschen gemacht hat, da hat er ihn zum Ebenbild Gottes gemacht.

Steht da. Und damit hat der Mensch eine Würde, die er sich nicht verdienen muss

und die er auch nicht verlieren kann. Ob ich ok bin, ist also keine Frage der

Kleidergröße. Auch nicht der persönlichen Fitness, der Intelligenz oder wo ich

gerade auf der Karriereleiter stehe. Das ist nämlich schon längst klar. Ich bin

ok, einfach, weil ich da bin. Gut, da bleibt die Frage offen: Was mache ich

daraus? Und das kann sicherlich mal besser und mal weniger gut sein. Und

vielleicht gehört: „Mehr Sport und weniger Pommes“ zu dem, was man besser

machen kann. Genauso wie „rücksichtsvoller und freundlicher sein“. „Weniger

aufs Geld, mehr aufs Herz schauen“. Es gibt bestimmt Vieles, das man besser

machen kann. Wo Veränderung wirklich Sinn macht. Aber das ändert nichts an der

Basis. Ich muss nicht zufrieden sein, mit dem, was ich so mache. Aber ich darf

sicher sein: Ich bin ok. Ich bin gewollt. Ich bin wertvoll. Und das kann mir

keiner wegnehmen. Manchmal ist es gut, seine Prioritäten zu überprüfen. Und

seine Google-Einstellungen.

Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/60989_WDR220230502Schroedter.mp3

  • 2.5.2023
  • Thomas Schrödter
  • (Kirche im WDR)
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