Motivation

Kirche in WDR2 | 20.05.2023 | 00:00 Uhr

„Sei

perfekt!“, „Ohne Fleiß kein Preis!“ – Kennen Sie diese Sätze? Ich habe noch

drei weitere: „Sei stark, ein Indianer kennt keinen Schmerz“ oder „Sei

gefällig“ oder, auch gut: „Nutze deine Zeit!“

Wo kommen diese Sätze her? Wer

hat einem das gesagt? Meine Mutter, mein Vater, ein Lehrer, der Opa …? Ich

kenne sie aus Kindertagen. Und sie prägen. Sie bestimmen bis heute unser Leben.

In der Psychologie nennt man sie „Motivatoren“. Und im Grundmuster sind das genau

diese fünf Aussagen. Ohne Fleiß, kein Preis! Mach was aus deiner Zeit… usw. Sie

entscheiden wesentlich mit, dass und warum ich etwas tue.

Mich persönlich hat der Satz

„Sei gefällig“ begleitet. Im guten Sinne wie im schlechten. Gut, weil er mich

empathisch gemacht hat. „Joachim, sei gefällig.“ Das heißt für mich: Mach das,

was den Menschen gefällt, also guttut.

Ich wurde als Kind zuhause

oft gefragt, wenn ich von Auftritten zurückkam, Vortrag vor der Klasse zum

Beispiel: Nicht, hat es dir gefallen, sondern: Hat es den anderen gefallen? Ich

habe dadurch, positiv gesagt, einen Blick entwickelt für das, was Menschen,

denen ich begegne, brauchen.

Andererseits – alles, was ich

tue, muss gefallen – so ein Anspruch macht auch konfliktscheu. Und ich sehe die

Gefahr, den Wert des Lebens vor allem aus der Anerkennung durch andere zu

schöpfen. Das ist nicht gut. So haben alle sogenannten Motivatoren oft zwei

Seiten, eine gute und eine fragwürdige.

Es gibt für mich inzwischen einen

weiteren „Motivator“, der für mich mindestens genauso wichtig ist. Und der hat mehr

mit Glauben als mit Psychologie zu tun. Der heißt: „Du bist ein geliebter

Mensch!“ Geliebt von einem Mitmenschen, geliebt von Gott. Vorbehaltlos, auch

mit deinen Schwächen und Fehlern.

In der Bibel wird dazu

erzählt, dass sich der Himmel öffnet, als Jesus getauft wird und Gott spricht:

„Du bist mein lieber Sohn, an Dir habe ich Wohlgefallen!“ Ich glaube, der

Himmel öffnet sich immer, wenn einem jemand diesen Satz sagt. Oder einen

so ähnlich schönen.

Tja – Sei gefällig! Sei

stark! Mach was aus deinem Leben! – Vielleicht ist das die große Chance von

Glauben und von Religion: Dass ich die Optimierungsansprüche der Gesellschaft und

auch die Wünsche und Ansprüche, einer sicher immer gut gemeinten Erziehung, um

die Liebe ergänze. Geliebt zu werden, das macht das Leben wirklich wertvoll. Und

die Liebe motiviert vielleicht sogar am meisten. Und zwar, sich immer wieder

neu auf das Leben einzulassen. Auch wenn es schwierig wird, wenn es Arbeit

macht.

Liebe motiviert, das Leben gemeinsam

mit den Anderen zu teilen. Auch und gerade, weil keiner und keine von uns

perfekt ist.

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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  • 20.5.2023
  • Joachim Gerhardt
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