Fest des Lebens

Kirche in WDR3 | 15.06.2022 | 00:00 Uhr

Guten

Morgen.

Hochzeit

in Tansania. Mehr oder weniger alle sind eingeladen. Die große Familie, die

Nachbarn im weiten Umkreis, alte und neue Freundinnen und Freunde des

Brautpaares und ihre Arbeitskolleginnen und -kollegen. Sogar die

Bürogemeinschaft der Mutter und der gesammelte Chor des Vaters sind dabei, und

die kirchlichen Würdenträger und der Bürgermeister auch – 500 Gäste!

Wir erleben ein rauschendes Fest. Die Zelte

sind festlich geschmückt. Die Kleidung jeder eingeladenen Gruppe ist

aufeinander abgestimmt und handgenäht. Friseurinnen haben Wunderwerke

vollbracht. Es gibt Essen und Trinken in Fülle. Die Hochzeitstorte ist

gigantisch. In einer langen Reihe stoßen wir alle nacheinander mit dem

Brautpaar an. Tänzer führen traditionelle Tänze auf. Geschenke werden feierlich

überbracht. Eine Kuh ist dabei und eine Haushälfte. Das Brautpaar verspricht

für die Eltern zu sorgen und überreicht jedem Elternpaar symbolisch eine Torte.

Am Ende sind alle auf der Tanzfläche, auch die Alten. Es ist ein Fest der

ganzen Gemeinschaft.

Als

Jesus mit 30 Jahren an die Öffentlichkeit tritt – so erzählt der Evangelist

Johannes – besucht er nicht etwa zuerst ein Armenhaus oder in ein Kinderheim.

Er geht zuerst auf eine Hochzeit!

Erste Besuche von Amtsträgerinnen und Amtsträgern in Politik und Kirche sind

programmatisch. Jesu Vorläufer ging zuerst in die Wüste: Er predigte Buße und

Umkehr: „So geht es nicht weiter!“

Aber

Jesus marschiert gleich durch – zu einer Hochzeit. Er isst und trinkt und lacht

und tanzt und feiert die Gemeinschaft.

Sein

erstes Zeichen ist Programm: Unser Leben soll ein Fest sein!

Ich

glaube Jesus. Ich glaube an sein Programm, das Fest.

Ich glaube an den Tisch, der sich unter dem leckeren Essen biegt. Jeder Platz

ist besetzt, und trotzdem ist wunderbarerweise immer ein Stuhl frei für eine,

die nachkommt.

Ich

glaube an den Wein, der im Glas gluckert vor Freude, und alles Bittere mit sich

herunterspült.

Ich

glaube an die Polonaise, die lang und länger wird, weil die ganze Welt sich

anschließt und immer eine da ist, die die Hand ausstreckt: „Komm mit!“

Ich

glaube, das alles wird kommen, endgültig, für alle. Und manchmal blitzt es ja

auch schon mitten am Tag auf. Manchmal feiern wir ja Hochzeit!

Aber immer

wieder stürzt das Fest ab. Damals, als Jesus auf der Hochzeit ist, ist

plötzlich der Wein alle. Ausgerechnet das Getränk der Freude. Es ist,

als ob jemand mitten im Tanz den Stecker zieht. Und das auf dem ersten

programmatischen Besuch Jesu. Nicht nur für das Brautpaar ist es eine

Katastrophe. Auch für Jesus steht viel auf dem Spiel: Unser Leben – ein Fest?

Jesus, guck Dich doch mal um!

Dann

aber verwandelt Jesus – etwas widerwillig, aber letztlich doch – 600 Liter

Wasser in köstlichsten Wein, und das Fest geht weiter.

Und

deswegen glaube ich auch das: Wenn unsere Krüge leer sind und der Wein alle,

wenn die Musik wieder stockt oder in Trauermärsche verfällt vor den Trümmern

zerschossener Häuser und den Trümmern menschlichen Lebens, dann lässt sich Gott

anrühren. Er verwandelt Wasser in Wein, Steine in Brot, Klage in Reigen, mich.

Ich weiß nicht wie. Aber ich verlasse mich darauf: Das Fest ist nur

unterbrochen.

Quellen: Die Bibel, Luther 2017, Johannes 2,1-12 „Hochzeit zu

Kana“.

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/58328_WDR3520220615WeberWDR4.mp3

  • 15.6.2022
  • Christel Weber
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