Musik 1: Salomon
Titel: Salomon; Album: Kosmos; Komposition: Hans-Peter
Ströer, trad.-Bibeltext; Bearbeitung: Lindenberg, Königstein; Label: Universal
Music GmbH; LC: 97777.
Autor
(overvoice): „kommt doch, ihr Winde, durchweht meinen Garten!“ Ein Frauenchor singt auf Hebräisch. Es ist ein biblischer Text aus dem
Hohen Lied der Liebe im Alten Testament, der hebräischen Bibel. Udo
Lindenberg hat diese Worte über die Liebe vertont.
Am Abend, wenn es
kühl wird und alle Schatten fliehen, dann komm zu mir, flink wie die Gazelle,
die in den Bergen wohnt.
Einer Schale, der
niemals edler Wein fehlen soll gleicht dein Schoß, süßes Mädchen. Die Liebe ist
stark wie der Tod und ihr Eifer ist fest wie die Hölle.
Kommt doch, ihr
Winde durchweht meinen Garten …“
Autor: Die Liebe ist
stark wie der Tod. Im biblischen Buch „Hoheslied“ taucht dieser Satz auf. Stark
wie der Tod? Dann ist die Liebe eine unwiderstehliche Kraft. Kaum ein Satz
berührt mich mehr. Ich glaube nämlich, dass in diesem Satz die ganz biblische
Wahrheit aufgehoben ist. Gott selbst nimmt es mit allen Mächten auf – sogar mit
dem Tod. Diese Kraft ist die Liebe. Udo Lindenberg umkreist in seiner Musik und
in seinen Texten diese Wahrheit – immer wieder: Liebe sprengt all die Mauern,
die die Menschen voneinander trennen.
Auch
die ganz handfesten. 1973 – da steht die deutsche Mauer schon 12 Jahre – und
hat unendlich viel Leid gebracht. Udo Lindenberg singt von dem Mädchen aus
Ost-Berlin.
Musik 2: Mädchen
aus Ostberlin
Titel: Mädchen aus Ostberlin; Album: Udopium 1, Track
6; Text und Musik: Udo Lindenberg; Label: Warner Music Group Germany; LC 14666.
Mädchen aus
Ost-Berlin, das war wirklich schwer.// Ich musste gehen, obwohl ich so gerne
noch geblieben wär. // Ich komme wieder und vielleicht geht’s auch mal ohne
Nerverei’n // da muss doch auf die Dauer was zu machen sein.
Autor: Auf Dauer was
machen? Liebe braucht Treue. Ein Dranbleiben, Vertrauen, Weitermachen. Udo
Lindenberg hat immer wieder etwas unternommen, geschrieben, gesungen, um über
diese deutsche Mauer hinweg zu kommen – er hat nicht nur diese wunderschöne,
traurige Ballade gesungen – von einer Liebe, die sich nicht vollenden kann. (Musik)
Zehn Jahre später, 1983 spricht er mit einer Swingparodie den
Staatsratsvorsitzenden Erich Honnecker direkt an. Im Sonderzug nach Pankow
rockt das Panikorchester die Mauer.
Musik 3: Sonderzug
nach Pankow
Titel: Sonderzug nach Pankow; Album: Udopium 2; Track
14; Musik: H. Warren, M. Gordon; Text: Udo Lindenberg; Label: Warner Music
Group Germany; LC 14666.
Entschuldigen
Sie, ist das der Sonderzug nach Pankow // Ich muß mal eben dahin, mal eben nach
Ost-Berlin. Ich muß da was klären, mit eurem Oberindianer // Ich bin ein
Jodeltalent, und ich will da spielen mit ?ner Band
Ich hab’n
Fläschchen Cognac mit und das schmeckt sehr lecker //Das schlürf? ich dann ganz
locker mit dem Erich Honecker. Und ich sag: Ey, Honey, ich sing‘ für wenig
Money //Im Republik-Palast, wenn ihr mich lasst
All die ganzen
Schlageraffen dürfen da singen //Dürfen ihren ganzen Schrott zum Vortrage
bringen. Nur der kleine Udo – nur der kleine Udo //Der darf das nicht – und das
verstehn wir nicht
Ich weiß genau,
ich habe furchtbar viele Freunde // in der DDR und stündlich werden es mehr.
Och, Erich ey, bist Du denn wirklich so ein sturer Schrat //Warum lässt Du mich
nicht singen im Arbeiter- und Bauernstaat?
Ist das der
Sonderzug nach Pankow?
Autor: Das ist die Liebe
– sie ist frech, sie ist witzig – sie ist subversiv. Eigentlich ist klar, dass
nach der Veröffentlichung dieses Liedes ein Auftritt in der DDR unvorstellbar
geworden ist. Aber allen Unkenrufen zum Trotz gelingt es, – durch sehr
geschicktes Verhandeln im Hintergrund: Udo Lindenberg tritt noch im selben
Jahr, im Oktober 1983 bei einem internationalen Friedensfest im Palast der
Republik in Ostberlin auf. Das Thema Frieden passt in die politische Landschaft
der DDR-Granden. Im Vorfeld ist versprochen worden, dass 1984 das Panik –
Orchester eine Tournee durch die DDR machen könne. Allerdings geraten die Fans,
die im Oktober 83 vor dem Palast der Republik auf Udo Lindenberg warten, derart
in Ektase, als sie ihren Rockstar sehen, dass es den Machthabern in der DDR zu
mulmig wird. 50 Fans werden von der Polizei in Gewahrsam genommen. Die
Funktionäre ziehen ihre Zusage für eine Tournee zurück. Es braucht dann noch
einmal 7 Jahre bis Udo auf dem Boden der DDR auftreten kann. Im Januar 1990, 2
Monate nachdem die Mauer gefallen ist, in Suhl im Thüringer Wald: 3.200 Leute
im Saal, 3000 davor – und jede Zeile eines Liedes wird von den Fans
mitgesungen. Ein Fan aus diesem Konzert meint: Er hat unsere Mauer mitgeknackt!
(aus: Udo – Udo Lindenberg mit Thomas Hüetlin, Köln 2019, S. 262)
Musik 3:
Sonderzug nach Pankow
Autor: Aber was, wenn
nicht andere die Mauer bauen – sondern, wenn ich selbst eine Mauer um mich
herum aufziehe? Kann gut sein, dass ich selbst die Mauern um mich herum ziehe,
die Schotten dicht mache – bloß keinen Zutritt mehr gestatte – wie in der
verbotenen Stadt. Eine Enttäuschung, eine Erschütterung, die ich erlebt habe –
die kann so groß sein – so groß…! – davor kann ich mich nur durch klare
Abgrenzung schützen, damit es ja nicht noch einmal passiert. Und doch sehne ich
mich, aus dieser selbstgebauten Ummauerung herauszukommen
Musik 4: Verbotene
Stadt
Titel: Verbotene Stadt; Album: Stark wie zwei, Track
13; Musik: Till Bröner; Text: Angelina Maccarone, Doris Decker; Label: Warner
Music Group Germany; LC 14666.
Nimm den Pfeil
aus meinem Herzen, es darf dir nicht gehör’n // Nimm deinen Mund von meinem
Ohr, will keine süßen Schwüre schwör’n. // Versuch nicht mich zu finden und ruf
mich nicht mehr an. // Wenn ich deine Nummer wähle, dann geh‘ bitte nicht ran.
Denn ich bin auf der Flucht vor mir selbst so weit weggerannt. // Und alles was
ich fühle hab‘ ich ganz weit weg verbannt.
Verbotene Stadt.
Alle Tore sind versperrt und streng bewacht. Die Mauern zehn Meter hoch aus
Stein. // Seit vielen Jahren kam kein Mensch hier rein. …
Autor: Die Mauern zehn
Meter hoch aus Stein…?! Bei Udo Lindenberg ist eine dieser selbstgebauten Mauern
der Alkohol gewesen. Es gab Zeiten, in denen er nicht gerade auf der Bühne
stehen konnte. Während einer großen Tournee, die Udo Lindenberg „Dröhnland –
Symphonie“ genannt hatte, stirbt seine Mutter. Zu ihr hatte er immer ein
inniges Verhältnis bewahrt. Dieser Tod ist ein Schock. Er flieht nach New York
ins Hotel Waldorf und schafft es nicht, sich dort von seiner Depression zu
befreien – im Gegenteil. Der ungebremste Alkoholkonsum lässt ihn im wahrsten
Sinn des Wortes weiße Mäuse sehen – und auf einmal findet er sich auf dem
Fensterbrett des Hotels wieder.
„Pass
auf dich auf, sei ein guter Junge!“ Das ist der letzte Satz, den die Mutter
Hermine am Sterbebett ihrem Udo gesagt hatte. Ob es die Erinnerung an diesen
Satz war…?! Auf jeden Fall ist er damals nicht gesprungen – das ging nicht!
Die
Mauern, die man um sich selbst gezogen hat, die kann man nicht selbst
einreißen. Da kann nur jemand mit sehr viel Mut und Ausdauer von der anderen
Seite immer wieder gegen diese Mauer angehen, sie untergraben, subversiv sein,
sie nach und nach mit viel Energie zum Einsturz bringen. Diese Energie ist die
Liebe. Die Liebe möchte nämlich, dass man hier bleibt – nicht abhaut!
Musik 4: Verbotene
Stadt
Verbotene Stadt
// Alle Tore sind versperrt und streng bewacht // die Mauern 10 Meter hoch aus
Stein// Seit vielen Jahren kam kein Mensch hier rein // Verbotene Stadt.
Hier hab ich auf
dich gewartet Tag und Nacht //Nur du kannst mich aus diesem Bann befrei‘n //
Reiß die Mauern nieder, tritt die Türen ein. // Und ich will bei dir sein, nie
mehr allein // in der Verbotenen Stadt.
Autor: Die Liebe ist
stark – stark wie der Tod?! Udo Lindenberg hatte in New York Freunde dabei. Er
ist rausgekommen aus der selbstgebauten Ummauerung!
Aber
eine enge Freundin aus dem Umfeld von Udo Lindenberg – sie ist mit zu viel
Tabletten und Alkohol ins Nichts gesprungen. Gabi Blitz hat sie sich genannt –
sie war lange Jahre eine treue Freundin, Sekretärin, Unterstützerin im
schrillen Kosmos von Udo Lindenbergs Panik – Panorama – aber auf einmal ist sie
tot – für sie schreibt er eine seiner großen Balladen: 0.30
Musik 5: Horizont
Titel:
Horizont; Album: Phoenix; Text und Musik: Udo Lindenberg; Label: Warner Music Group Germany; LC 14666.
Wir warn so
richtig Freunde / für die Ewigkeit, das war doch klar. Haben die Wolken nicht
gesehn am Horizont / bis es dunkel war. Und dann war’s passiert / hab‘ es nicht
kapiert, / ging alles viel zu schnell. Doch zwei wie wir, / die dürfen sich nie
verliern.
Hinterm Horizont
geht’s weiter / ein neuer Tag. Hinterm Horizont / immer weiter / zusammen sind
wir stark.
Das mit uns ging
so tief rein. das kann nie zuende sein. So was Großes geht nie einfach so
vorbei.
Autor:
Die
Liebe ist stark wie der Tod. Schon jetzt, mitten im Leben, gibt es nichts, was
stärker ist. Das gilt auch unter Freunden. Anrufen, vorbeikommen, reden – mit
manchen ist das jeder Zeit möglich, sagt Udo Lindenberg, auch wenn’s nachts um
vier ist. Auf Freunde muss man sich verlassen können. „Durch die schweren
Zeiten“ besingt eine solche Freundschaft. Was mit dem andern los ist, erfährt
man nicht so genau. Die Träume aufgebraucht, am Glück vorbeigerauscht – irgendwas
zieht ihn runter. Da ist eine Last auf den Schultern, schwer wie Blei. Und
jetzt? Udo Lindenberg verspricht nur eins: Ich bin da. Ich zieh dich wieder
hoch. Wir finden einen Weg – so wie jedes Mal.
Musik
6: Durch die schweren Zeiten
Titel:
Durch die schweren Zeiten; Album: Stärker als die Zeit; Track 1; Musik: Ali
Zuckowski & Simon Triebel; Text: Udo Lindenberg; Label: Warner Music Group Germany; LC 14666.
Ich
trag‘ dich durch die schweren Zeiten / So wie ein Schatten / werd‘ ich dich
begleiten / Ich werd‘ dich begleiten / Denn es ist nie zu spät um nochmal
durchzustarten / Wo hinter all den schwarzen Wolken wieder gute Zeiten warten
Autor: Menschen, die
glauben, erleben das oft genauso mit Gott. Dass er da ist zu jeder Tag- und
Nachtzeit. Wie der beste Freund. „Der dich behütet, schläft nicht,“ sagt ein
Psalmbeter. Wenn es um eine Verbindung geht, auf die man sich verlassen kann,
ist schnell eine geistliche Dimension berührt.
Gute
Freundinnen und Freunde, die eigene Familie… Udo Lindenberg fühlt sich
verbunden. Auch mit anderen Musikern. In seinen Konzerten erwähnt er immer
wieder Menschen, die schon gestorben sind, die für ihn aber wichtig bleiben.
Zum Beispiel die Musiker: David Bowie, Lemmy, Lou Reed, Prince (Udo Lindenberg – Bunte Republik Deutschland
LIVE (offizielles Musikvideo) – YouTube ) und er meint, dass die da oben eine geile
Band am Start haben. Aber auch seine Eltern, Gustav und Hermine Lindenberg –
auch sie werden nicht vergessen. Seinen Eltern hat er zwei Alben gewidmet und
seinem verstorbenen Bruder das Lied „Stark wie zwei“. Wenn Udo Lindenberg auf
seinen Konzerten die Erinnerungen an Leute inszeniert, die seine
Konzertbesucher gar nicht kennen können, dann kommt es mir so vor, als erzählte
er noch etwas anderes – nämlich, dass die Liebe, die Sehnsucht zusammen zu
sein, stärker ist als der Tod. Der Tod wird das nicht auslöschen können.
Ob
Udo Lindenberg weiß, dass er damit die uralte, christliche Hoffnung
mobilisiert? Liebe – sie ist nicht nur stark wie der Tod – sie ist stärker. Für
die Christen gründet sich diese Hoffnung auf die Auferstehung Jesu von den
Toten. Und für Udo Lindenberg? In einem Interview hat er es so umschrieben:
Sprecher: Immer habe ich versucht, das höhere Ding zu finden, was für alle
Menschen, unabhängig von Religion, Nation oder Gesellschaftsgefüge verbindlich
sein kann, eine Wertewelt für alle, an der sich alle orientieren können im
Sinne des Zusammenfindens der Planeten – Gemeinschaft“ (aus: Udo Birnstein,
Alles klar, Udo Lindenberg, 2022, S. 119)
Autor: Das
Zusammensein, das Zusammenfinden – trotz aller Widerstände – das ist und bleibt
sein Thema. Kein Wunder, dass Udo Lindenberg gerade auch in den letzten Monaten
immer wieder mit seinen friedenspolitischen Liedern und Stellungnahmen in der
Öffentlichkeit präsent ist.
In
einem Interview mit den Stuttgarter Nachrichten zeigt er sich überrascht, dass
sein Song "Wozu sind Kriege da" aus dem Jahr 1981 wieder so aktuell
ist. Denn da geht es um den kalten Krieg. "Wir spielen seit über 40 Jahren
den Song, der heute wieder von erschreckender Aktualität ist", so
Lindenberg.
Musik 7: Wozu
sind Kriege da?
Titel:
Wozu sind Kriege da? Album: Udopium – Das Beste, CD 2, Track 13; Text und Musik: Udo
Lindenberg; Label: Warner Music Group Germany; LC 14666.
Keiner will
sterben, das ist doch klar / Wozu sind denn dann Kriege da? / Herr Präsident,
du bist doch einer von diesen Herren /Du musst das doch wissen //Kannst du mir
das mal erklären? / Keine Mutter will ihre Kinder verlieren / Und keine Frau
ihren Mann./ Also warum müssen Soldaten losmarschieren/ Um Menschen zu ermorden
– mach mir das mal klar / Wozu sind Kriege da?
Autor: Und weiter meint
er: Den Krieg in der Ukraine, mitten in Europa, hätte sich niemand mehr
vorstellen können. Es dürften aber auch die anderen Kriege, etwa im Jemen,
Sudan oder in Syrien nicht vergessen werden – so Udo Lindenberg. Die Grundlage
von all der Sehnsucht nach Frieden, nach Zusammensein ist aber ganz
persönlicher Art – und die besingt er auch so – ganz persönlich:
Musik 8: Stärker
als die Zeit
Titel:
Stärker als die Zeit; Album: Stärker als die Zeit, Track 15; Musik: Nino Rota,
Text: Lawernce Kusik; deutsch: Udo Lindenberg; Label: Warner Music Group
Germany; LC 14666.
So wie der Sturm,
so wie die Flut // nichts hält uns auf, wir sind ein Blut. Unsre Familie,
kannst’e sicher sein, das bleibt, // denn wir sind stärker als der Tod und als
die Zeit. Ewiges Band, das nie zerreißt / und alles, was ich will ist, dass du
das auch weißt. Und alles, was ich will ist, dass du das auch weißt.
Autor: Sehr persönlich
und doch mit erheblichen Folgen für das politische und gesellschaftliche Denken
und Entscheiden – so empfinde ich diese Worte und diese Musik von Udo
Lindenberg.
Einen
erfüllten Sonntag wünscht ihnen
Eberhard
Helling, Pfarrer aus Lübbecke
Musik 8
Ich nehm die
Sonnenbrille ab, check den Moment // wenn eine Seele die andere erkennt. Du
spürst sofort – und das ist gut / wir sind Familie, sind ein Clan, wir sind ein
Blut. // Wir sind ein eingeschwornes Team und darauf kommt’s an// wir gehen
Wege , die kein anderer gehen kann // wie’n Pionier, wie’n Astronaut; wir gehen
dahin, wohin sich sonst kein anderer traut.
So wie der Sturm,
so wie die Flut // nichts hält uns auf, wir sind ein Blut.
Wir sind der
Stoff, aus dem dir großen Träume sind. // Wir sind der Joker in der Tasche, der
gewinnt. // ich zünd ihn an, unsern Vulkan // das Feuer lodert hoch bis in die
Sternenbahn.
Redaktion: Landespfarrer
Dr. Titus Reinmuth