Objektiv hat er nichts gegen
sie in der Hand. Aber objektiv ist er schon lange nicht mehr. Denn seine
Gedanken kreisen nur noch um den Verdacht, dass seine Frau ihn betrügt.
Manchmal ist sie so seltsam gut gelaunt, wenn sie nach Hause kommt. Zum
Beispiel vom Treffen mit ihrer besten Freundin. Wer weiß, ob sie dann wirklich
die Freundin getroffen hat. Oder jemand ganz anderen.
Seine Frau direkt darauf
anzusprechen, das traut er sich nicht. Aber der Verdacht nagt weiter an ihm.
Und so fängt er an, hier ein bisschen zu stöbern, da ein bisschen zu suchen.
Ihr Handy liegt manchmal unbeobachtet in der Wohnung herum. Das hat er schon
dreimal gecheckt und nichts gefunden. Was ihn aber von seinen Mutmaßungen nicht
abbringt.
Natürlich bleibt das seiner
Frau nicht verborgen: Wie er sich verändert, missmutig wird, sich komisch
verhält. Mit der Zeit wird auch sie misstrauisch ihm gegenüber. Und eines Tages
ist es so weit: Sie erwischt ihn mit ihrem Handy in der Hand. Im ersten Moment
versucht er, alles abzustreiten. Aber dann brechen die Verdächtigungen aus ihm
heraus. Er wirft seiner Frau wüste Unterstellungen an den Kopf und schreit sie
an: „Bildest du dir vielleicht ein, dass ich blind bin und nichts merke?“
Natürlich lässt sie sich das
nicht bieten. Sie schreit zurück, macht ihm klar, was sie von seinen
Beschuldigungen hält und dass sie mal gedacht hat, sie könnten einander
vertrauen. Einige Behauptungen kann sie auch sofort widerlegen, aber es nützt
alles nichts. Die Beziehung ist vergiftet. Seine Unterstellungen haben sie
auseinandergetrieben. Die falschen Bilder, die er sich von seiner Frau gemacht
hat. Die ihm suggeriert haben, ihre Liebe und Zuwendung zu ihm – das wäre alles
nur Fassade. Diese Bilder haben ihre Beziehung zerstört.
Genau daran ist bei manchen
Menschen auch die Beziehung zu Gott gescheitert. An Bildern, die suggerieren:
In Wirklichkeit steckt Gott gar nicht voller Liebe und Zuwendung. Sondern er
ist streng, kalt und gnadenlos. Oder alt, ohnmächtig und kraftlos. Auf jeden
Fall so, dass es sich nicht lohnt, ihm weiter zu vertrauen. Dass es keinen Sinn
hat, die Beziehung zu ihm aufrecht zu erhalten. Oder sie neu zu suchen.
Aber genau wie bei anderen
Menschen lohnt es sich auch bei Gott, die eigenen Bilder immer wieder in Frage
zu stellen. Sich neu auf die Beziehung einzulassen. Dann können neue
Erfahrungen die alten Bilder korrigieren. Und genau wie bei anderen Menschen wird
es dann für uns möglich, auch Gott neu zu vertrauen.
Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth
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