Sei ein Mensch.
Das gab ihm sein Vater mit.
Sei ein Mensch.
Als der Sportmoderator und
Publizist Marcel Reif am 31.01.2024 im Bundestag zur Gedenkstunde der Opfer des
deutschen Nationalsozialsismus spricht, berührt er die Zuhörer tief.
Marcel Reif erzählt von seiner
glücklichen Kindheit mit einem Vater, der nie auch nur Etwas aus seiner Erfahrung
als Opfer des Holocaust erzählte. Nichts von Flucht, Lager, unvorstellbarem
Grauen. Nichts von Unmenschlichkeit.
Nichts davon konnte der Vater
sagen. Und doch – so resümiert Reif – war seine Botschaft an seinen Sohn als
Kind, Jugendlicher, Vater und Bürger klar und eindeutig:
Sei ein Mensch!
Sei ein Mensch!
Sagt der, der die
Unmenschlichkeit, der Menschenverachtung und Mordlust an Leib und Seele erlebt
hat. Rasend glühend, eiskalt berechnend – böse. Sie tötet alles. Alles, was nicht mit ihr identisch ist. Nicht
deutsch, nicht weiß, nicht gesund, nicht national.
Sei ein Mensch.
Sagt der, der die Teufelsfratze
kennt, die in jedem Gesicht wohnt, das das Böse mehr liebt, als das Gute.
Sei ein Mensch – der oder die sich
für das jeweilige Gute entscheidet.
Kein Christ soll sagen, er oder
sie wisse nicht, was das sei. Das jeweilige Gute.
«Es ist dir gesagt. Mensch, was
gut ist und was der Herr von dir fordert, nämich Gottes Wort halten und Liebe
üben und demütig sein vor deinem Gott» (Micha 6,8)
Als deutscher Bürger gilt: «Die
Würde des Menschen ist unantastbar.»
Die eines jeden Menschen, nicht
nur des Deutschen.
Unterschiede sind gottgewollt.
Unterschiede ermöglichen Leben. Unterschiede ermöglichen Identität.
Sei ein Mensch! Unter
verschiedenen Menschen.
Die Brüder und Schwestern zu
lieben, ist nicht das Problem. Weiß Jesus.
Die Feinde.
Die Anderen.
Lieben ist wohl viel verlangt.
Den anderen anders Mensch sein
lassen, ist doch mehr als ein Anfang.
In Gottes Namen: Sei ein
Mensch.
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius
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