Klar, auch mir machen Corona, der Ukrainekrieg, die Erderwärmung
zu schaffen. Die dauernde Sorge, das Gefühl von Ohnmacht, die Frage, ob es
überhaupt noch eine Chance gibt. Dann stirbt meine Oma. Freitag ist die
Beerdigung. Kurz; ich bin durch. Ich will jetzt nur noch Ruhe. Ich brauche sie.
Aber als ich nach Hause komme, guckt mich die Katze nur mit eineinhalb Augen
an. Das eine kneift sie zu. Ein bisschen Eiter ist zu sehen. Wenn ich ehrlich
bin, das Auge hat gestern schon nicht so gut ausgesehen. Jetzt streicht sie
dauernd mit ihrem Pfötchen am Auge rum. Ich kann nicht mehr so tun, als sei
nichts.
Am
nächsten Morgen sieht das Auge klitschig aus. Was tun? Klar, googlen. Auch
diesmal ein Fehler. Erst kommen eklige Bilder, dann lese ich von Bakterien, von
FiF und FiH. Nebenbei der Rat: trennen von anderen Katzen. Auch das noch!
In
die Klinik fahren, wo die Katze stundenlang allein in der Box sitzt? Muss ich
ihr das antun? Dann ein Lichtblick. Tatsächlich gibt es Praxen, die samstags
geöffnet sind. Die erste ist überfüllt. Die zweite geschlossen – Corona. Aber
ich bekomme Ratschläge. “Stellen Sie sie auf jeden Fall heute noch irgendwo
vor.“ oder „Sie können auch bis Montag warten, solange es nicht schlimmer
wird.“ Was denn jetzt? In meinem Kopf herrscht Chaos.
Dann die Idee. Ich rufe David an. Er hat seit letztem Jahr
Zuchtkatzen. Die sind häufiger krank. „Ach,“ sagt er. „Auge entzündet. Haben
unsere andauernd. Wir warten dann eine Woche, ob‘s besser wird.“ „Eine Woche?“,
verdammt lang, denke ich. „Totos Auge war mal zwei Tage zu“, sagt David. Dann
ist es wieder aufgegangen.“ „Ein Wunder“, sage ich. „Ein Wunder“, sagt er.
Ich lehne mich zurück und atme aus. Kann es so einfach sein?
Langsam wird mir klar, wie tief ich im Sorgenmodus stecke. David merkt das
auch. „Was meint denn die Katze?“ fragt er. Die Katze? Gute Frage. „Die kratzt
sich nicht mehr so oft, frisst, schmust, hängt ab.“ Langsam wird‘s heller. Ich
glaub, der Katze geht`s gar nicht so schlecht. Und ich weiß plötzlich, was mir
gefehlt hat: Vertrauen. In mich und meine Entscheidungskraft, in die Katze, die
auch für sich sorgt und … das Gespräch mit einem Freund, der schnell gemerkt
hat, was ich brauche.
Vertrauen, Mut, Unterstützung, Austausch, heute im Kleinen … und
ab Montag dann wieder im Alltag mit alldem, was er mit sich bringt.
Redaktion: Pastorin Sabine
Steinwender-Schnitzius
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