Guten Morgen.
Große Ereignisse werfen bekanntlich ihre
Schatten voraus. Das Weihnachtsfest wirft in der Adventszeit schon sein Licht
voraus – auf das Kommen Jesu in diese Welt.
Haben Sie sich eigentlich schon mal gefragt,
wie es wohl für Jesus war, in Gottes eigene Schöpfung einzutauchen?
Ich war vor einiger Zeit in meiner alten
Heimat im Norden von Duisburg. Die Straßenbahn fährt dort noch immer an der
großen Brauerei vorbei. Früher roch es im Stadtteil manchmal nach frisch
gegorener Maische und der Himmel war definitiv grauer. Doch von den Geschäften,
an die ich mich noch erinnere, ist kein einziges mehr da. Es ist ein völlig
anderer Stadtteil heute, in dem ich mich erst neu zurechtfinden müsste.
Ob Jesus sich auch erst mal zurechtfinden
musste, als er in dieser Welt geboren wird?
Schließlich liegen die Schöpfungstage schon
eine halbe Ewigkeit zurück. Die Menschen hatten schon deutliche Spuren
hinterlassen und Städte, Straßen und Brücken gebaut.
Doch Jesus interessiert sich, soweit wir
wissen, nicht für Architektur, sondern für Menschen. Er kommt bei einfachen
Menschen an. Sein Ziehvater ist Handwerker und viele seiner Freunde Fischer.
Jeder C-Promi bekommt heute mehr
Aufmerksamkeit und hat mehr Follower als Jesus. Aber ihm kommt es nicht auf
viele Likes und maximale Aufmerksamkeit an.
Die Großen seiner Zeit bekommen von Jesus
erstmal gar nicht viel mit. Sein Interesse gilt den Ausgegrenzten und
Abgeschriebenen. Kranke rührt er an. Kleine nimmt er in Schutz und Große in die
Pflicht.
Jesus kommt in seine Welt und kommt doch
nicht an. Jesu Liebe ist einfach grenzenlos und passt jenen nicht, denen ihre
eigenen Grenzen heilig sind. Jesus bleibt fremd in der Welt: all den
selbstgefälligen Diskussionsrunden, mit ihrem selbstgerechten Reden zum
Beispiel, die einem das Gefühl vermitteln: Du hast keine Ahnung. Du bist
keiner von uns. Du gehörst nicht hierher.
Dieses Gefühl kenne ich. Ich habe es selbst
durch meine Umzüge an verschiedenen Orten in mehreren Bundesländern hin und
wieder erlebt. Und ich kenne Menschen, die ihr Leben lang nie richtig angekommen
sind.
Ankommen ist ja gar nicht so leicht, in einer
neuen Stadt, einer neuen Schule oder Arbeit. Die Gegend ist anders und die
Menschen auch. Und für diese Menschen bin ich eben auch anders. Mein erster
Umzug ging ausgerechnet nach Bayern und war eine echte Herausforderung. Manches
ist mir fremd geblieben, nicht nur sprachlich. Doch manchmal war es gerade
diese Fremdheit, die eine Begegnung spannend machte.
Und damit bin ich wieder beim Advent, der
Ankunft von Jesus in dieser Welt. Jesus ist immer ein Fremdkörper geblieben,
bis zu seinem Tod am Kreuz. Er ist im besten Sinne „welt-fremd“, weil er etwas
völlig Neues in diese Welt gebracht hat.
Gottes Barmherzigkeit und
Menschenfreundlichkeit, die auf einmal zum Greifen nahe sind. Und die man an seinen
Worten und Taten ablesen kann. Er kommt zu denen, die sich in dieser Welt fremd
fühlen und sich nach etwas anderem sehnen. Sie kommen zu ihm und er kommt ihnen
ganz nah. Wie wichtig ist das, gerade in Zeiten von Corona?! Dass wir einander
nicht fremd werden, sondern bei aller Vorsicht auch wieder Nähe zulassen. Und
dass so etwas von der Menschenfreundlichkeit Gottes schon jetzt im Advent in
unserem Leben aufscheint.
Ihr Heinz-Bernd Meurer aus Velbert.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
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