Seit Wochen ist der Himmel bedeckt von einer grauen
Wolkendecke. „Lieber zu Hause bleiben“, denke ich. „Ab ins Bett. Serie
schauen. Schlafen.“ Als ich am nächsten Morgen zur Straßenbahnhaltestelle
laufe, merke ich, dass dieses ständige Grau etwas mit mir macht. Alles ist grau
und fühlt sich schwer an; bedrückend. Aber wieso? Mir wird klar: Ich laufe
durch einen großen Schatten. Der Schatten der Wolken.
Wetterumschwung. Die Wolken brechen auf. Ich bin in
meiner Wohnung und ein Sonnenstrahl scheint durch das Fenster auf den Tee in
meiner Hand. Die Tasse erzeugt plötzlich auch einen Schatten. Anders als die
Wolken gestern. Ich bin überrascht. Ist es der Tee? Das Wetter? Ich fühle mich
heiter. Ein guter Tag.
Farbwechsel. Endlich ist das Grau verschwunden. Es
gibt keinen Grund mehr, in der Wohnung zu bleiben. Ich gehe zum Fenster und
öffne es. Blau! Der Himmel ist blau. Aufgekratzt laufe ich nach draußen; mache
einen Spaziergang am Bach entlang. Ich rieche Krokusse und frische Gräser. Ein
paar tiefe Atemzüge. Die Augen dabei geschlossen. Es sind Momente wie diese, in
denen ich Gott nah bin. Blau. Überall blau. Wenn ich an solchen Tagen in die
Weite schauen kann, ist die ganze Welt blau gefärbt.
Sprecher: Jan Primke
Redaktion: Pfarrerin
Julia-Rebecca Riedel
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