Guten Morgen,
kennen Sie das Sprichwort „der ist vom Saulus zum Paulus geworden“?
Damit ist gemeint, dass einer sich von jetzt auf gleich um 180 Grad gedreht
hat. Dieses Sprichwort geht natürlich zurück auf den Apostel Paulus.
Allerdings: Das mit der Namensänderung stimmt nicht. Er hat beide Namen
benutzt. Aber der Reihe nach:
Geboren und aufgewachsen ist Paulus in Tarsus an der Südküste der
heutigen Türkei. Er ist ein römischer Bürger, kennt sich aus mit den
Philosophen, spricht fließend die damalige Weltsprache Griechisch. Und in
dieser Kultur nennt er sich Paulus, lateinisch „der Kleine“.
Aber er ist auch ein frommer Jude. Kennt sich aus mit der Tora, der
jüdischen Heiligen Schrift, ist ein Schriftgelehrter und nennt sich in dieser
Kultur Saulus, wie der legendäre und glücklose König Saul von Israel.
Er erkennt: Die griechische Kultur ist gefährlich für unseren jüdischen
Glauben. Weiße Tempel, Sportarenen, Theater: Das ist faszinierend für die
Jugend. Und schon kommen welche, die sagen: Die alte jüdische Religion mit
ihren Regeln ist nicht mehr so wichtig. Die Sabbatgebote, die kann man mal
übertreten. Da ist zum Beispiel dieser Jesus von Nazareth. Der sagt: „Der
Sabbat ist für den Menschen da, nicht umgekehrt“. Das sind so Sprüche.
Zuckersüß, aber höchstgefährlich. Die muss man zum Schweigen bringen. Als man
Jesus kreuzigt, ist Paulus nicht direkt beteiligt, er findet es aber vermutlich
gut. Und dann: Da gibt es welche, die behaupten dieser Jesus sei von den Toten
auferstanden. Überall sind die schon. In Jerusalem, in den kleinen Vororten.
Was, auch schon in Damaskus? Paulus will sie dort bekämpfen. Er bricht auf.
Aber dann ist etwas passiert. Die Bibel erzählt, er sei kurz vor
Damaskus vom Pferd gefallen und habe eine Stimme gehört: „Ich bin Jesus
Christus. Warum verfolgst Du mich? Du sollst jetzt für mich arbeiten. Melde dich bei Ananias, dem Vorsteher der christlichen Gemeinde in Damaskus, bis dahin bleibst
du blind.“
Es hat wohl ´ne Weile gedauert, bis die Leute glauben konnten, dass
dieser Mann wirklich die Seiten gewechselt hat. Aber dann legt er auch schon
los. Eben weil er Saulus und Paulus ist, weil er frommer Jude und römischer
Weltbürger ist, wird er jetzt der wichtigste Apostel. Reist, predigt, schreibt
Briefe. So unermüdlich, wie er vorher gegen das Christentum gearbeitet hat,
arbeitet er jetzt dafür.
Also: Nicht vom Saulus zum Paulus, aber doch eine 180 Grad Wende.
Vielleicht hat Paulus schon lange gespürt, wie sehr ihn diese Lehre des
Jesus von Nazareth fasziniert. Aber er hat gegen dieses Gefühl angekämpft. Doch
irgendwann geht es nicht mehr. Er fällt vom Pferd. Ob das wirklich passiert
ist, wissen wir nicht, aber das Bild ist klar:
So geht es nicht weiter. Und was nun? Orientierungslosigkeit. Im Bild:
Blindheit. Erst der Kontakt zu anderen Christen lässt ihn wieder wissen, wo es
lang geht.
Auch heute geht es vielen so. Man weiß schon längst: Es sind zu viele
Bierchen jeden Abend. Zu viele Schlaftabletten. Zu viel am Handy. Ich muss das
ändern. Aber man tut es nicht. Viele müssen da erstmal vom Pferd fallen.
Heute ist der Feiertag „Pauli Bekehrung.“ Mögen Sie, liebe Hörerin,
lieber Hörer, heute das tun, was sie im Inneren vielleicht schon lange als
richtig empfinden, aber wozu bisher der Mut fehlte.
Viel Erfolg wünscht Ihnen, Pfarrer Klaus Kühnhaupt aus Essen.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
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