„Zukunftsweisend“: Thema Presbyteriumswahl und Ehrenamt - Nachgefragt bei dem Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder

‏Auch in Bonn und der Region laufen in allen Kirchengemeinden die Vorbereitungen zur Presbyteriumswahl, also für den Kirchenvorstand 2024. Wie wichtig ist dieses Gremium und für was steht es? Wir sprechen mit dem bekannten Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Gunther Hirschfelder, der Kirche und das Amt des Presbyters auch aus der Innensicht gut kennt. 

Ist die Leitung eines mittelständischen Unternehmens wie die einer Kirchengemeinde durch einen ehrenamtlichen Vorstand mit allen Aufgaben und der Verantwortung noch zeitgemäß?

Kirche erleben und mitgestalten: Prof. Dr. Gunther Hirschfelder beim Gemeindefest an der Lutherkirche (Foto. privat)

Gunther Hirschfelder: Unbedingt. Kirche wie Demokratie leben vom Mitmachen, vom aktiven Gestalten. Wir haben zunehmend an ganz vielen Stellen in der Gesellschaft die Erwartung, andere sollen es richten. Die Kirchengemeinde kann genau das Gegenmodell zu dieser Entwicklung sein: Hier geht es um Selbstgestalten, um Verantwortung übernehmen. Das ist absolut zukunftsweisend. Eine Kirche mit weniger Ehrenamt ist für mich eine tote Kirche.

Wie zeigt sich die Entwicklung des Ehrenamts insgesamt? Was sind die besonderen Herausforderungen?

Hirschfelder: Das klassische Ehrenamt hat inzwischen ein Vermittlungsproblem. Menschen, vor allem Jüngere wollen agieren, aber zunehmend nicht mehr in festen Strukturen, in denen ich mich auf eine längere Zeit fest binde. Offenere Beteiligungsstrukturen sind angesagt. Es gilt flexibler zu werden. Der Pushfaktor für Engagement in der Kirche ist heute auch weniger klassisch das Seelenheil, sondern konkret zum Beispiel Umwelt- und Klimaschutz. Mit dem Auftrag `Schöpfung bewahren´ hat die Kirche da aber auch viel zu tun und zu bieten.

Gibt es ein besonderes Profil des kirchlichen, des evangelischen Ehrenamts?

Hirschfelder: Das wünschen sich die Menschen in den innerkirchlichen Zirkeln. Faktisch ist das Profil für das Ehrenamt viel offener. Entscheidend ist vor allem, was die Menschen selbst mitbringen an Lust, an Zeit und an Fähigkeit sich zu engagieren. Eine typisch evangelische Stärke beim Ehrenamt sehe ich aber schon: Dass Laien nicht nur das übernehmen dürfen, was ihnen die Theologen übrig lassen, sondern wirklich leiten und gestalten, eben zum Beispiel an zentraler Stelle im Presbyterium, der Gemeindeleitung.
Joachim Gerhardt

Prof. Dr. Gunther Hirschfelder ist Kulturwissenschaftler an der Universität Regensburg, hat lange auch in Bonn gelehrt und ist Presbyter der Lutherkirchengemeinde Bonn

Weitere Infos und Hintergründe zur Presbyteriumswahl 2023/24 der Evangelischen Kirche auch in Bonn und der Region findest Du hier.

(27.06.2023 / ger)

  • 27.6.2023
  • Red
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