Beten verändert dich

Kirche in WDR2 | 28.06.2022 | 00:00 Uhr

Beten Sie eigentlich? Das ist

sicherlich eine ziemlich persönliche Frage, aber warum eigentlich?

Muss man sich schämen, wenn man betet?

Ich glaube eigentlich nicht.

Es ist so, dass es immer

wieder Situationen gibt im Leben, in denen man betet.

Zum Beispiel vor Prüfungen

oder, wenn es jemandem sehr schlecht geht oder einfach vielleicht auch, weil

man einfach dankbar ist.

Und natürlich passiert es dann

auch immer wieder, dass ich auf Menschen treffe, die erstaunt die Augenbrauen hochziehen,

wenn ich sage, dass ich bete.

„Aha, dann betest du also zu

dieser imaginären Kraft, die du Gott nennst?“

Das ist irgendwie verletzend,

finde ich. Warum eigentlich? Warum ist es so verletzend?

Warum denken Menschen, dass

es eine Form der Schwäche ist, zu Gott zu beten?

Ich finde das verletzend,

weil mir mein Gegenüber relativ unmissverständlich zeigt: „Ich kann dich so nicht

ernst nehmen. Wir reden nicht auf Augenhöhe miteinander. Denn ich, ich bin

jemand, der nicht betet. Ich bin klüger. Ich habe die Welt verstanden,

während du doch immer noch zu deinem sogenannten Gott betest, den es doch eh

nicht gibt.“

Ich frage in solchen Momenten

auch gerne zurück: Warum sagst du das denn jetzt?

Die meisten antworten: „Ach,

also wenn es einen Gott gibt, dann würde er meine Gebete ja auch erhören. Für

mich hat Gott noch nie was getan, wenn ich gebetet habe.“

Sehen Sie auch den Fallstrick

in diesem Gedankenkonstrukt?

„Ich bete nur im Austausch

dafür, dass ich etwas bekomme“.

Aber so funktioniert Beten doch

irgendwie nicht. Beten ist weder Wunschkonzert noch ein Wochenmarkt, auf dem

man Geld gegen Ware tauscht.

Meine Großmutter hat immer

gesagt: Beten ist nichts für Weicheier.

Und ich hab dann natürlich auch

zurückgefragt: Warum sagst du denn das?

„Ja“, sagt sie, „weil Beten

dich verändert“.

„Du kannst gar nicht so

bleiben, wie du bist, wenn du mit Gott redest.“

Und daher ist es auch

vollkommen egal, wie du betest.

Laut oder leise, in

Gemeinschaft oder für dich allein.

Beten verändert dich.

Und ich habe das selber schon

gemerkt, vor allem in Situationen, die mir im Leben so schwer waren; sei es

nach Trennungen oder vor Prüfungen. Ich habe gemerkt, dass ich gestärkter und

anders in diese Situationen gegangen bin. Dass ich auch heute noch jemand bin,

der viel betet.

Deshalb kann ich Sie

natürlich nur ermutigen, es mal auszuprobieren – Das Beten.

Sei es laut oder leise, im

Sitzen, im Stehen, im Liegen, vollkommen egal.

Wagen Sie es und schämen Sie

sich nicht.

Denn Beten gehört mit zum

Christsein. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Redaktion: Pastorin

Sabine Steinwender-Schnitzius

  • 28.6.2022
  • Laura Kadur
  • (Foto: Pixabay)