Zwei Grad, Nieselregen, Wind
aus Südwest. Echtes Usselwetter. Die Feuchtigkeit, die Kälte kriecht langsam
unter die Jacke, unter den Schal. Widerlich.
Also nix wie nach Hause, nix
wie rein ins Warme. Am besten ein heißes Bad nehmen.
Nur leider ist ja gerade Klimakrise
und Energiekrise zusammen. Heiße Bäder, komfortabel beheizte Wohnungen – von
all diesen Segnungen des Fortschrittes müssen wir uns ja – zumindest gedanklich
– verabschieden. Sparen ist das neue Chick. 19 Grad Raumtemperatur, kalt
duschen, Auto stehen lassen – sogar das Streamen ist inzwischen verdächtig.
Gute Frage übrigens, wie
unsere Altvorderen das gemacht haben, sich im Winter warm zu halten.
Die menschliche Kultur hat
sich am Lagerfeuer entwickelt, vor weit über einer Million Jahren. Hier hat man
sich aufgewärmt, gekocht und erzählt. Im Lauf der Zeiten sind die Heizungen
technisch raffinierter geworden:
Nur das bis zum 21.
Jahrhundert nirgendwo von oben bis unten geheizt wurde.
Meist war nur die Küche das
Wärmezentrum. Selbst im Versailler Schloss der französischen Könige blieben ein
Drittel der fast 2000 Zimmer eiskalt.
Aber man wärmte sich in
Gemeinschaft.
Zum Beispiel in öffentlichen
Badehäusern, die seit den Zeiten der römischen Thermen fester Bestandteil des
sozialen Lebens in Europa sind. Und es gibt kein Badehaus ohne soziale
Interaktion.
Wärme ist mehr als nur eine
Frage der Raumtemperatur. Wärme ist eine Frage des sozialen Miteinanders.
Unsere tiefe Sehnsucht nach dem Lagerfeuer.
In der Glut wird jene soziale
Energie erzeugt, ohne die es menschliche Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft nicht
geben würde.
Gemeinschaft ist das Stichwort,
nicht Raumtemperatur.
Vielleicht ist die
gegenwärtige Krise eine Chance, einsam und krankmachende Gewohnheiten der
Vereinzelung aufzubrechen und stattdessen die Ressource „soziale Energie“ wieder
anzuzapfen. Gemeinsam nach Wegen zurück zum Lagerfeuer zu suchen.
Zusammensitzen in der warmen
Küche. Nicht zum perfekten Dinner, sondern zum Erzählen, und statt Nachtisch
bringt jeder eine gute Geschichte mit.
„Es ist nicht gut, dass der
Mensch allein sei“ weiß schon unsere Bibel. So einfach ist es, es warm zu
bekommen: Tanzen gehen oder zum Skatspielen, facetimen mit Freunden, zusammen
durch den usseligen Winter spazieren und dann irgendwo einkehren, wo es nach
Tee und Bratapfel riecht. Gemeinsamkeit wärmt – und ist auf Dauer nachhaltiger
als ein einsames, heißes Bad.
Quellen:
https://www.spiegel.de/psychologie/annette-kehnel-uebers-energiesparen-was-wir-vom-mittelalter-lernen-koennen-a-bf571533-2ea2-4f11-9dea-e7b0313206a4
(zuletzt abgerufen am
28.01.2023)
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius
https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/60414_WDR220230223Koehler.mp3