Frieden stiften

Kirche in WDR3 | 18.04.2022 | 00:00 Uhr

Guten

Morgen.

„Selig sind, die

Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.“

Das

ist einer der ersten Sätze aus der Bergpredigt Jesu, eine seiner wichtigsten

Reden.

„Frieden

stiften“ – wie soll das gehen, wenn Raketen abgeschossen werden und Menschen

grausam getötet?

„Frieden

stiften“ – das klingt nach einer schönen, heilen Welt für „Gottes Kinder“.

Nur

leider himmelweit entfernt von der Wirklichkeit auf Erden.

Die

Zeit, in der Jesus lebte, war allerdings alles andere als eine heile Welt.

Die

Römer unterdrücken das jüdische Volk.

Und

sie strafen jede Spur von Widerstand auf abschreckende Weise.

Jesus

selbst muss das erleiden: Hingerichtet als „König der Juden“.

Vorher

gefoltert, verspottet, entkleidet.

Ostern

ist für Christen das Fest, an dem mit Jesus Christus auch seine Verheißung

aufersteht.

„Selig sind, die

Frieden stiften.“

Gott

lässt der Gewalt nicht das letzte Wort.

Das

ist meine Hoffnung – allen Erfahrungen von Tod und Gewalt zum Trotz.

Doch

wie geht das: Frieden stiften – in einer Welt, die alles andere als friedvoll

ist?

Bei

einer Reise in die Ukraine vor drei Wochen habe ich Menschen kennenlernen

dürfen, die für mich Friedensstifter sind.

Da

ist etwa der evangelische Bischof aus der Karpato-Ukraine – eine Region, in der

im Augenblick kein Krieg herrscht, der Krieg aber trotzdem das ganze Leben

bestimmt.

Viele

Menschen sind geflohen.

Zurückgeblieben

sind oft die Alten, die Ärmeren und auch viele Tiere.

Zugleich

sind viele Geflüchtete aus anderen Landesteilen zusätzlich da und

mitzuversorgen.

Der

Bischof stärkt seine Pfarrerinnen und Pfarrer, damit sie den Menschen helfen

vor Ort.

Keiner

von ihnen hat das Land verlassen.

Ein

Satz des Bischofs bleibt mir besonders in Erinnerung:

„Es braucht 20,

30 Jahre um etwas aufzubauen und einen einzigen Tag, um es zu zerstören.“

Eine

andere Friedensstifterin lerne ich in Ungarn kennen, in einem Dorf in der Nähe

des Balatons.

Sie

ist mit ihrem Mann und ihren neun Kindern dorthin vor dem Krieg in der Ukraine

geflohen.

Die

reformierte Gemeinde konnte ihnen ein altes, leerstehendes Pfarrhaus geben.

In

der Ukraine haben sie pädagogisch mit Kindern gearbeitet.

Sie

hatten Tiere, große Gewächs-Häuser voller gelber Blumen.

Auf

dem Handy zeigt sie mir Fotos davon.

Vor

dem alten Pfarrhaus ist jetzt ein kleines Blumenbeet frisch angelegt.

Kleine

Blümchen.

Nichts

im Vergleich zu der früheren Blütenpracht.

Aber

sie blühen.

Als

sie darauf angesprochen wird, beginnt sie leise zu weinen.

„Selig

sind, die Frieden stiften.“

Für

mich ist das kleine Beet ein Symbol des Friedens.

Nein,

ich weiß:

Alle

Blumen der Welt können diesen Krieg nicht beenden.

Aber

auch Waffen schaffen noch keinen Frieden.

Sie

können helfen, unrechtmäßige Gewalt zu beenden.

Dazu

braucht es sie jetzt.

Aber

um Frieden zu stiften, braucht es Menschen, die Schwachen helfen, Kinder

großziehen, Häuser renovieren, Blumen pflanzen.

Auch

wenn es Jahrzehnte dauert.

Und

es braucht Gott, der darauf seinen Segen gibt – auch über den Tod hinaus.

Ihr

Thorsten Latzel, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/57974_WDR3520220418Latzel.mp3

  • 18.4.2022
  • Thorsten Latzel
  • © epd bild/Nikita Zhadan
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