Ich
weiß jetzt schon, dass ich es nicht schaffen werde. Alle Jahre wieder nehme ich
mir vor: Dieses Jahr soll es anders werden. Also der Dezember, mit Advent und
Weihnachten und so. Ich werde mich nicht mit Plätzchen und Stollen vollstopfen,
damit mir meine Waage nach Weihnachten sagt: Bitte einzeln aufsteigen. Ich
werde nicht von Termin zu Termin hetzen und die Weihnachtsgeschenke auf den
letzten Drücker kaufen und nach Weihnachten total k.o. auf der Couch
zusammensinken.
Ich
werde nicht den ganzen Dezember mit so einem latent schlechten Gewissen durch
die Gegend laufen, weil ich denke, dass es doch eigentlich ganz anders sein
müsste. Weniger Konsumrausch, mehr… keine Ahnung, „Besinnlichkeit“, würde meine
Oma vielleicht sagen. Ich werde Tagebuch schreiben, meditieren, zwischendurch
innehalten, irgendsowas halt. Ich werde Ruhe finden, idealerweise mich selbst.
Und vielleicht sogar Gott. So ist der Plan.
Und,
wie gesagt: Ich weiß jetzt schon, dass ich es nicht schaffen werde.
Ich
werde am zweiten Weihnachtstag abends müde und vollgefressen wieder in meine
Wohnung kommen. Auf dem Boden um den Weihnachtsbaum wird zusammengeknülltes
Geschenkpapier rumliegen, und das Geschirr wird sich in der Küche stapeln.
Ich
werde weder Ruhe, noch mich selbst, noch Gott gefunden haben.
Aber
vielleicht sitzt Gott schon bei mir auf der Couch, wenn ich nach Hause komme.
Vielleicht
wird er mich anlächeln und sagen: „Ich habe auf dich gewartet.“
Und
vielleicht wird es für einen Moment einfach alles gut sein.
Sprecher:
Jan Primke
Redaktion: Daniel Schneider
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