Musik 1: Christus, der ist mein Leben, P 376 (für
Orgel) von CD Pachelbel: Complete Keyboard Music
(Simone Stella) Komponist: Vulpius, Melchior. LC-Nr.: 09421, Label: Brilliant
Classics. WDR- Archivnummer 6198419603.001.001
Autor: Der November wird
seinen Ruf als trauriger Monat nicht los. Er ist kalt, nass und nebelig. Und
wenn doch mal die Sonne scheint, mache ich mir schon wieder Sorgen wegen des
Klimawandels. In diesem November bekommt auch der Volkstrauertag zum Gedenken
an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft eine neue Bedeutung, denn der Krieg
ist nähergekommen.
Die
Kirchen erinnern im November an ihre Verstorbenen. Das geschieht aber nicht, um
die Menschen noch trauriger zu machen. Im Gegenteil: Mitten in diese trübe Zeit
wird ein Wort der Hoffnung gesprochen. Durch die dunklen Gedanken der Trauer darf
ich einen Lichtblick erkennen. Mitten im Tod das Leben.
Musik 2: Choral,
Strophe 1
Track 20 (CD 1) Christus, der ist mein Leben (für 4
Singstimmen und Basso continuo) von CD: Freu dich sehr, o
meine Seele. Geistliche Hausmusik des Barock (Nicolai-Ensemble Hameln, Hans
Christoph Becker-Foss). Interpret: Nicolai-Ensemble Hameln. Komponist:
Vulpius, Melchior. Textdichter: Vulpius, Melchior LC-Nr.: 07811, Label:
ambiente. WDR- Archivnummer 6182028120.001.001
Sprecherin: Christus, der ist mein Leben, Sterben ist mein Gewinn; ihm will
ich mich ergeben, mit Fried fahr ich dahin.
Autor: Melchior Vulpius ist
Stadtkantor in Weimar als er 1609 dieses Lied veröffentlicht. Die ersten Worte entfalten
einen Gedanken des Apostels Paulus aus dem biblischen Philipperbrief: „Christus
ist mein Leben.“ Zunächst hat Paulus den Anhängern von Jesus Christus nach dem
Leben getrachtet. Jesus von Nazareth ist ihm nie begegnet. Aber dann erscheint
ihm der auferstandene Christus. In diesem Erlebnis ist ihm in deutlich
geworden, Jesus Christus ist nicht im Tod geblieben. Er lebt nach seinem Tod am
Kreuz auf neue Weise weiter. Gott hat seinem Sohn ewiges Leben geschenkt. Und Gott
schenkt allen, die daran glauben, dieses neue Leben. Und deshalb kann der Apostel
Paulus aus vollem Herzen sagen: „Sterben ist mir ein Gewinn“.
Musik 3: Choral,
Strophe 2+3
Christus der ist mein Leben (für Singstimmen) von CD Die helle Sonn leuchtet. Deutsche Kirchenlieder. Interpret:
Stimmwerck. Komponist:
Vulpius, Melchior. LC-Nr.: 08492, Label: cpo. WDR- Archivnummer
6189017119.001.001
Overvoice-Sprecherin:
Mit
Freud fahr ich von dannen zu Christ, dem Bruder mein, auf dass ich zu ihm komme
und ewig bei ihm sei. Ich hab nun überwunden Kreuz, Leiden, Angst und Not;
durch seine heilgen Wunden bin ich versöhnt mit Gott.
Autor: Melchior Vulpius
entfaltet die Lust und die Freude, die Paulus fühlt, wenn er daran denkt, welches
Leben er durch das Sterben erreicht.
Ein
Gewinn ist nach dem damaligen Verständnis kein zufälliges Glück, wie bei einer
Lotterie. Ein Gewinn ist für ihn das Erreichen eines angestrebten Ziels. Für
ihn ist Christus wie ein älterer Bruder, der ihm den Weg durchs Leben gebahnt
hat. Die Wunden, die Christus erlitten hat, zeigen Paulus, dass auch seine
Verletzungen heilen werden.
Die,
die er damals anderen zugefügt hat und die, die er später selbst ertragen muss.
Mit diesen
ersten drei Strophen betont Vulpius die Grundlagen des Glaubens. Doch ein
Glaubensbekenntnis ist das eine, aber diesen Glauben im eigenen Leben zu
verinnerlichen, ist etwas anderes.
Musik 3: Choral,
Strophe 4
Sprecherin: Wenn meine Kräfte
brechen, mein Atem geht schwer aus und kann kein Wort mehr sprechen: Herr, nimm
mein Seufzen auf.
Autor: Sterben und Leben: Was er vorher mit
dem Mut des Bekenners als Gewinn und Freude besungen hat, schildert Melchior
Vulpius nun ohne jede Beschönigung.
Sicherlich
hat er selbst erlebt, wie Menschen damals zuhause auf dem Sterbebett liegen.
Die Familie spürt, wie die Kraft immer mehr den Körper verlässt. Der Mensch
bekommt kaum noch Luft und kann sich nicht mehr verständlich machen. Doch die
letzten Gefühlsregungen, die gelten Christus. Mit seinem Seufzen zeigt er
seinem Herrn im Sterben, worauf er im Leben vertraut.
Musik 3: Choral,
Strophe 5+6
Overvoice-Sprecherin:
Wenn
mein Herz und Gedanken zergehen wie ein Licht, das hin und her tut wanken, wenn
ihm die Flamm gebricht: alsdann lass sanft und stille, o Herr, mich schlafen
ein nach deinem Rat und Willen, wenn kommt mein Stündelein.
Autor: Melchior Vulpius beschreibt,
wie die Gedanken vergehen, wie verglimmendes Kerzenlicht. Irgendwann hört das
Herz auf zu schlagen, irgendwann ist die Flamme ausgelöscht. Das Zeichen der
erloschenen Kerze gibt mir Hoffnung, dass ich nicht alles, was mich im Alltag
bewegt hat, mitnehmen werde, wenn ich die letzte Grenze überschreite. Ich
hoffe, dass ich von vielem befreit werde, womit ich mich selbst belastet habe. Ich
glaube, dass ich auf diese Weise die Versöhnung mit Gott erfahre.
Am
Ende sanft und still einzuschlafen, das wünschen sich viele. Unzählige Male bin
nach dem Schlafen morgens aufgewacht. Mal habe ich voller Erwartung vor
dem Wecker die Augen geöffnet. Ein anderes Mal musste ich erst die Gedanken
ordnen: Welcher Tag ist heute? Was ist gestern passiert? Was steht heute auf
dem Plan?
Zum
Erwachen nach dem letzten Einschlafen habe ich keinen Vergleich und
keinen Plan.
Aber
ich habe meinen Glauben. Der gibt mir das Vertrauen, dass es auch nach dem
letzten Atemzug eine Zukunft gibt. Wie diese Zukunft aussehen wird, weiß ich
nicht. Aber ich rechne damit, dass ich bei Gott Geborgenheit erfahre.
In
der letzten Strophe beschreibt Vulpius, wie er sich dieses zukünftige Sein mit
Christus vorstellt.
Musik 3: Choral,
Strophe 7 (original)
Sprecherin: Und lass mich an
dir kleben wie ein Klette am Kleid, und ewig bei dir leben in himmlischer Wonn und
Freud.
Autor: Das Bild von der
Klette, die an der Kleidung klebt, klingt für meine Ohren fremd. Vulpius möchte
eine sehr innige Verbindung mit Christus beschreiben. Es entspricht der derben
Sprache der damaligen Zeit. Daher wurde später diese letzte Strophe immer
wieder verändert.
Im Evangelischen Kirchengesangbuch der fünfziger
Jahre lautet sie: „An dir lass gleich den Reben mich bleiben alle Zeit.“ Das
erinnert an einen Gedanken, den Jesus im Johannesevangelium formuliert: „Ich
bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der
bringt viel Frucht;“ (Joh 15,4).
Im
derzeitigen Evangelischen Gesangbuch steht eine ökumenische Fassung der letzten
Strophe. Sie verzichtet auf Vergleiche, spricht aber eine große Hoffnung aus.
Musik 2: Choral,
Strophe 7
Sprecherin: In dir, Herr,
lass mich leben und bleiben allezeit, so wirst du mir einst geben des Himmels
Wonn und Freud.
Autor: Diese Zeilen
zeigen mir, wie ich mir die Zukunft mit Christus vorstellen darf: Die enge
Verbindung mit Christus wird immer bestehen und es wird eine fröhliche
Gemeinschaft sein.
Für
mich heißt das:
Ich
habe in meinem Leben eine besondere Nähe zu Christus gespürt.
Diese
tiefe Gemeinschaft mit ihm bleibt bestehen. Denn Christus eröffnet mir eine
Zukunft, die niemals aufhört.
Dieser
Glaube gibt mir immer wieder Hoffnung, auch und gerade im trüben November.
Im
Glauben an Christus erfahre ich Versöhnung und Liebe. Die darf ich schon jetzt
mit anderen Menschen teilen. Das ist für mich ein Gewinn. Und dieser Gewinn wird
mir bleiben, auch wenn ich zum letzten Mal die Augen schließe.
Christus, der ist mein Leben, Sterben ist mein
Gewinn.
Musik 1: Orgel
Quellen:
Wikipedia: Christus, der ist mein Leben.
https://de.wikipedia.org/wiki/Christus,_der_ist_mein_Leben
zuletzt abgerufen am 14.09.2022
Redaktion: Landespfarrer
Dr. Titus Reinmuth