Nicht vergessen

Kirche in WDR2 | 15.07.2022 | 00:00 Uhr

Ich

find´s super: Seit zwei Monaten steht es da nun.

In

Wuppertal. Ein sinkendes Boot aus Stahl, auf dem Vorplatz eines ehemaligen

Bahnhofes -heute Kulturstätte.

Ein

Gedenkort für alle Menschen, die auf der Flucht über das Mittelmeer ertranken

und – man muss es ja, Gott sei es geklagt, so sagen, ertrinken.

Die

Initiatoren: die „Seebrücke Wuppertal“.

Die

Seebrücke solidarisiert sich mit allen Menschen auf der Flucht, setzt sich für

die Entkriminalisierung der Seenotrettung ein. Und für eine menschenwürdige

Aufnahme der Fliehenden.

Zur

Erinnerung: 2018 musste das Schiff „Lifeline“ tagelang mit 234 geretteten

Flüchtlingen auf hoher See ausharren, weil es nirgendwo (an keinem europäischen

Hafen) anlegen durfte.

Daraufhin

hat sich die Initative „Seebrücke“ gegründet. Die Idee einen Gedenkort zu

schaffen, ist schnell entstanden.

Dann:

Einweihung am 21. Mai. Fünf Tage.

Nur

fünf Tage dauert es, bis die Abkürzung NSU für Nationalsozialistischer

Untergrund den Gedenkort zerkratzt und demoliert. Was für ein Hass!

Was

für ein Hass: Als hätte irgendein Mensch mehr Recht zu leben, als ein anderer.

Zur

Klage Gottes wird in Europa aber so getan als ob. Syrische Flüchtlinge sind an

der polnischen Grenze erfroren, ukrainische werden unkompliziert aufgenommen. Auch

Deutschland unterscheidet in der Praxis sehr wohl zwischen Flüchtling und

Flüchtling.

Als

Christ bin ich überzeugt davon, dass jeder einzelne Mensch ein Ebenbild Gottes

ist.

Als

deutscher Bürger teile ich den Grundsatz der Verfassung, dass die Würde des

Menschen – nicht des Deutschen – des Menschen, unantastbar ist.

Das

Land und Volk der Täter, der systematischen Judenvernichtung, das Land der

Unterscheider zwischen wertvollem und unwertem Leben, sagt im ersten Artikel

seiner Verfassung: Jeder Mensch hat Würde. Weil er Mensch ist.

Unabhängig

von Religion, Geschlecht, Herkunft, unabhängig sogar von seinem Verhalten.

Diese

Würde ist nicht zu verlieren oder zu nehmen.

Ich

glaube: Sie ist Geschenk Gottes, Glanz Gottes.

Sie

hat auch der, der den Gedenkort mit Hassbotschaften zerkratzt, – auch wenn er

sich würdelos verhält.

Der

Gedenkort, das sinkende Boot in Wuppertal, mahnt in einer Welle grüner

Pflanzen.

Es

geht darum, Menschen nicht zu vergessen, weil sie Menschen sind.

Wie

Du und ich. Nicht mehr. Und vor allen Dingen niemals weniger.

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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  • 15.7.2022
  • Jönk Schnitzius
  • © Seebrücke Wuppertal
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