Jan hat ein Problem

Kirche in WDR2 | 18.04.2024 | 00:00 Uhr

„Die

Getränke? Ach, mach dir keine Gedanken“, sagt sie, „die besorgt Jan. Der macht

das schon.“ Sie sind eine nette kleine Truppe von Freunden. Sie sehen sich oft.

Unternehmen viel zusammen, haben Spaß. Jeder von ihnen hat seine Eigenarten:

Annette hat immer die verrücktesten Ideen. Simon organisiert. Svenja weiß

einfach über alles Bescheid. Und Jan ist der, der die Getränke holt. Und den

Salat macht. Den Grill anschmeißt. Und einem das Wohnzimmer tapeziert. „Jan

macht das schon.“ Alle mögen ihn. Wie auch nicht? Besonders glücklich ist Jan

nicht mit seiner Rolle. Eigentlich würde er auch mal gerne zu denen gehören,

auf die man hört. Nicht nur zu denen, die man herumschickt. Natürlich merkt er,

dass die anderen oft seine Freundlichkeit ausnutzen. Weil sie schon ahnen: Dass

er unzufrieden ist, wird er von sich aus niemals ansprechen. Das traut er sich

nicht. Weil er so etwas unhöflich findet. Also steht er weiter still am Grill.

Jan ist einfach ein freundlicher Mensch. Und das ist sein Problem. Ihm ist

wichtig, dass die Menschen zufrieden sind. Er möchte helfen. Er will nett sein.

Solche Jans gibt es überall: Im Sportverein melden sie sich für die lästigen

Arbeiten, die sonst keiner machen will. Auf der Arbeit sind das die, die sich

immer breitschlagen lassen, auf Urlaub an den Brückentagen zu verzichten. Und

seltsamerweise kommen ausgerechnet sie immer dann in die Küche, wenn

irgendeiner mal wieder die Kaffeemaschine saubermachen muss. Alle freuen sich,

dass sie da sind. Aber keiner nimmt sie so richtig ernst. Dabei will ihnen

eigentlich niemand etwas Böses. Man hat sich einfach mit der Zeit allmählich

daran gewöhnt, dass die Jans dieser Welt zum nett sein und helfen da sind. Und

nicht zum gefragt werden. Jesus würde Jan wohl Mut machen – zu mehr

Kratzbürstigkeit. „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“, sagt

Jesus. „Wie dich selbst“ bedeutet eben auch: Nicht mehr als dich selbst. Den

anderen zu achten, hilfreich zu sein und freundlich, das sind wunderbare

Eigenschaften. Aber es muss ausgewogen sein. Das Gleichgewicht kommt nicht nur

dann in Unordnung, wenn man über andere stellt. Es kommt auch dann in

Unordnung, wenn man sich zu klein macht. Wenn man aus freundlicher

Zurückhaltung freiwillig immer den unteren Weg geht. Vielleicht würde Jesus sagen:

„Jan, jetzt setzt du dich mal einfach hin. Karla kann auch mal an den Grill.

Und Simon die Getränke holen. Sag du mal, was dir so in deinem Kopf herumgeht.

Ich glaube, das wäre für alle mal ganz gut.“

Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth

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  • 18.4.2024
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